Lieber Vorstand des FC Schalke 04,

unser Verein steckt derzeit in einer Situation, die so noch keiner von uns erlebt hat. Für diese Krise seid ihr zu großen Teilen mitverantwortlich. Statt auf die Kritik einzugehen, scheint ihr in einer Blase zu leben, die nichts mehr mit der Wahrnehmung vieler Fans und Mitglieder gemein hat. Eure unvergleichbare Dünnhäutigkeit führt dabei zu keiner Verbesserung, sondern einer Verschlimmerung der Lage. Ihr habt Schalke schlicht und ergreifend nicht verstanden. 

„Absolute Priorität hat das Auftreten unserer Lizenzspielermannschaft in der Bundesliga“ heißt es direkt zu Beginn eures Briefes an die Mitglieder und Fans. Dies sehen wir genauso, weshalb wir bei unserer Kritik die Mannschaft ausnehmen, solange sich nicht aufgegeben wird und weiterhin Wille und Kampfgeist zu erkennen ist. Auch für uns steht das Verhindern des Abstiegs an oberster Stelle. Wenn das Auftreten der Mannschaft auch für euch Priorität Nummer Eins hat, wieso stellt sich seit Wochen kein Verantwortlicher öffentlich vor die zu großen Teilen sehr jungen Spieler, um diese zu schützen, anstatt sie medial zerreißen zu lassen? Wie kann es sein, dass ein junger Spieler nach einem Eigentor sichtlich angeschlagen zum Interview muss? Wenn ein „starker Zusammenhalt im Verein“ gefordert wird, solltet ihr nicht mit dem Finger auf Fans und Mitglieder zeigen, sondern mit Taten vorangehen, statt Forderungen zu stellen und etwaigen Kritikern den schwarzen Peter zuzuschieben. Wir befinden uns in einer beispiellosen Negativserie, an der die Anhängerschaft ganz sicher nicht die Hauptschuld trägt. Als Vorstand obliegt euch das operative Geschäft. Dafür seid ihr berufen, dafür werdet ihr bezahlt. Wenn der Verein aber existenziell bedroht ist, dann ist es für uns als Mitglieder die Pflicht, Probleme offen anzusprechen und, soweit erkennbar, euch als Verantwortliche zu kritisieren. 

„Es ist eine Grenze überschritten, wenn Einzelne namentlich zum Buhmann ausgerufen oder zum Alleinschuldigen erklärt werden sollen“ heißt es weiter. Ja, es wurde eine Grenze überschritten. Zum Beispiel als rassistische Äußerungen aus falscher Loyalität nicht benannt, sondern sogar verteidigt wurden. Das Ergebnis fällt dem Verein und seinen Fans bis heute auf die Füße. Es wurde eine Grenze erreicht, als ihr von den Fans verlangt habt, euch ihre finanzielle Situation zu offenbaren, um bereits bezahlten Eintrittsgelder zurückzubekommen. Bei begründeter Kritik hingegen, während einer mittlerweile fast ein Jahr andauernden Sieglosserie, ist sicher keine Grenze erreicht worden. Die öffentliche Kritik an Entscheidungen oder das Anprangern von anhaltenden Fehlentwicklungen sowie Missmanagement gehören untrennbar zu einer lebendigen Vereinskultur dazu.

Auf der nächsten Mitgliederversammlung soll „alles schonungslos auf den Tisch gebracht werden“. Aus Erfahrung wissen wir leider, dass dies mit euch nicht möglich ist. Die Vergangenheit hat immer deutlicher gezeigt, dass die Berichte, vor allem aus den Bereichen Marketing und Finanzen, eher zur Selbstinszenierung, statt wirklicher Berichterstattung genutzt werden.

Ja, es geht nur gemeinsam. Und Schalke ist größer und wichtiger als jede und jeder Einzelne, als jede Fangruppierung oder alle Angestellten unseres Vereins. Das Jahr 2020 ist zweifelsfrei eines der schwärzesten Kapitel unserer Vereinsgeschichte. Den dringend erforderlichen Neuanfang trauen wir euch nicht zu. Dafür habt ihr zu viel Vertrauen verspielt. Es wurden zu viele Versprechungen gemacht, als dass man euren Floskeln noch glauben könnte. Selbst euer Marketing-Slogan “Wir leben dich” ist zu einer hohlen inhaltsleeren Phrase verkommen. Wir hoffen, dass die schonungslose Analyse im Aufsichtsrat bereits begonnen hat. Es ist an der Zeit auszumisten und den angekündigten Neuanfang mit unbelasteten Personen endlich anzugehen.

Dies ist überfällig und wohl die einzige Chance, den Verein, dem über 160.000 Mitglieder, hunderte Fan-Clubs und Millionen von Fans angehören, am Leben zu halten. Und dies sollte über Allem stehen.