Glück auf Schalker, Servus Glubbfans,
auch wenn Weihnachten noch gut zehn Tage auf sich warten lässt, macht uns unsere Mannschaft ein Geschenk nach dem anderen. Mittlerweile sind es schon vier Punkte auf den Zweitplatzierten und es fällt immer schwerer sich nicht als Aufstiegskandidat zu bezeichnen. Für den Rest der Welt sind wir es eh schon. Wir schauen dennoch nur von Spiel zu Spiel und am heutigen dritten Advent heißt unser Gegner 1. Fussballclub Nürnberg. Sicherlich keine Partie wie jede andere. Auch wenn die Freundschaft heute für 90+x Minuten ruhen muss, wird sie ansonsten wie üblich zelebriert. Auch wir tragen unseren Teil dazu bei und würdigen dieses beispiellose Bündnis mit einer Choreographie. Es ist die vierte in dieser Hinrunde, so dass der königsblaue Anhang in der Nordkurve bereits geübt ist. Nichtsdestotrotz sollte sich jeder und jede gründlich den Choreoflyer durchlesen und auf die Ansagen unserer Vorsänger achten. Das Gelingen der Choreo liegt in der Verantwortung von jedem einzelnen!
Wo wir beim Thema Weihnachten und Geschenke sind: Weiterhin ist der Nordkurven Kalender 2026 an den bekannten Stellen im Stadion erhältlich. Auch in diesem Jahr lassen wir es uns nicht nehmen, mit einem eigenen Stand auf dem Weihnachtsmarkt in der Altstadt von Gelsenkirchen vertreten zu sein. Am Dienstag, den 23.12. findet ihr uns dort ab 9:30 Uhr. Wie üblich wird es eine große Tombola mit spannenden Preisen geben. Für das leibliche Wohl bieten wir Kinderpunsch, Waffeln und weitere Köstlichkeiten an. Ebenso gibt es noch einen geringen Restbestand an Tassen zu kaufen und ihr habt letztmalig die Chancen den Nordkurven Kalender 2026 zu erwerben.
Beim Heimspiel gegen den SC Paderborn vor 16 Tagen, haben wir das 150-jährige Jubiläum der Stadt Gelsenkirchen mit einer großen Choreographie begangen. Wie in der letzten Ausgabe an dieser Stelle angekündigt, sollte es nicht das letzte Geschenk von uns sein. So gibt es heute neben dieser regulären Ausgabe des Blauen Briefs, eine Sonderausgabe zu 150 Jahren GE. In dieser begeben wir uns an historische Orte und Gebäude unserer Stadt und nehmen euch mit auf eine kleine Zeitreise. Wir hoffen wir haben euer Interesse geweckt und wünschen viel Spaß beim lesen!
Nach der Partie in Braunschweig am kommenden Sonntag, geht es in die wohlverdiente Winterpause. Genießt die ruhigen Tage und tankt Kraft für die Rückrunde.
Rock on in 2026!
FC Schalke 04 e. V. – SC Paderborn 07 GmbH & Co. KGaA 2:1 (1:1)
Nordkurve Gelsenkirchen
Auch an diesem Spieltag protestierten wir erneut gegen die Sicherheitsanforderungen der IMK. Das zwölf Minuten lange Schweigen wurde von den Spruchbändern “Ist das der Fußball, den ihr wollt?” im Unterrang und “IMK: Populistisch & intransparent – Fankultur schützen, statt zerstören” im Oberrang begleitet.
Mit Ende des Protests hatten wir noch eine nette Aktion in Petto. Genau auf den 29. November fiel das 150-jährige Jubiläum der offiziellen Stadtgründung von Gelsenkirchen, auch wenn die Wurzeln natürlich Jahrhunderte weiter zurückliegen. Deshalb nutzten wir das Heimspiel einen Tag vorher, um unserer Stadt ein verfrühtes Geburtstagsgeschenk in Form einer Choreo über die gesamte Nordkurve zu machen. Vom Oberrang aus ließen wir eine in den Unterrang überlappende Blockfahne mit dem “Stadt der 1.000 Feuer” Schriftzug herunter, während parallel im Unterrang eine weitere Blockfahne hochgezogen wurde, die die vier Symbole unseres Stadtwappens repräsentierte. Die Eckblöcke wurden durch kleine Fahnen in den Stadtfarben schwarz, grün und weiß geschmückt. Passend zum Motto wurde nach ein paar Minuten der Stoff im Unterrang wieder weggezogen und tausende Wunderkerzen hüllten die Mittelblöcke der Nordkurve in ein denkwürdiges Lichtermeer. Gerade beim Herunterlassen der oberen Blockfahne lief nicht alles perfekt, aber wenn man bedenkt, dass es die erste Choreo der Gruppengeschichte war, die während eines laufenden Spiels durchgeführt wurde, war das auf jeden Fall ein Erfolg. An dieser Stelle gilt ein großer Dank allen Schalkern, die im Stadion waren und sowohl beim Protest als auch bei der Choreo geholfen haben. Das zeigt einmal mehr, was erreichbar ist, wenn wir alle an einem Strang ziehen.
Die wilde Anfangsphase mit dem aberkannten Elfmeter und der gelungenen Choreo beflügelte die Kurve jedoch nicht wirklich und die Anspannung in diesem Spitzenspiel war vielen anzumerken. Bis zur Halbzeit gelang es uns kaum, Gesänge über einige Minuten zu tragen oder das gesamte Stadion mitzureißen. Erst mit dem Gegentreffer in der 38. Minute durch Laurin Curda ging ein Weckruf durch unsere Reihen, was in zehn starken letzten Minuten vor der Halbzeit und einem brachialen Torjubel nach dem Ausgleichstreffer von Kenan Karaman in der Nachspielzeit mündete.
Dementsprechend motiviert startete die Nordkurve in die zweite Hälfte, besonders bei “Von der Elbe bis zur Isar” stiegen weite Teile des Stadions ein. Auch die Mannschaft auf dem Platz ließ nichts mehr anbrennen und keinen wirklich gefährlichen Torschuss der eigentlich offensivstarken Gäste zu. Fußballgott Bryan Lasme kam in der 67. Minute auf das Feld, belebte das Spiel durch seine Spritzigkeit noch einmal komplett und bescherte uns in der 86. Minute den Siegtreffer per Lupfer. Danach explodierte die Arena und die gesamte Nachspielzeit wurde das Team vom feiernden Stadion zum Sieg gepeitscht. Selbstverständlich durfte eine ausgiebige Feiereinheit im Anschluss nicht fehlen. Wie immer mit dabei die “Wir werden Siegen”-Fahne. An alle Brüder, die diesen Moment verpasst haben: Haltet durch, wir stehen hinter Euch!
Gegner
Sicherlich mögen die Gäste aus Paderborn durch die sportlich gute Situation im Moment beflügelt sein, aber für eine so vergleichsweise kleine Szene war der Auftritt und die Anzahl der Gästefans doch überraschend gut, besonders was Tifoeinsatz und Bewegung anging.
Freunde
Vielen Dank, Freunde aus Nürnberg und Enschede, dass ihr uns so zahlreich unterstützt habt.
Düsseldorfer Turn- und Sportverein Fortuna 1895 e.V. — FC Schalke 04 e.V. 0:2 (0:1)
Vor dem Spiel
Wer den Nahverkehr in NRW als Fußballfan kennt, weiß, wie unentspannt die Kombination aus Freitagnachmittag und Polizei werden kann. Um diesem Chaos zu entgehen, fiel die Wahl diesmal auf den PKW. Trotz Stau durch das bekloppte Zufahrtsystem auf den Parkplatz war der Gästeblock pünktlich gefüllt.
Wie erwartet hatten sich tausende Schalker mit Tickets außerhalb des Gästekontingents eingedeckt. Ob es am Ende 20.000 oder sogar noch mehr waren, bleibt offen. So oder so: ein absolut beeindruckendes Bild und gleichzeitig eine Herausforderung für die Koordination des Supports.
Nachdem unser „Experiment“ im Oberrang im Vorjahr nicht gut gelaufen war, sollte der Stimmungskern diesmal wieder in den Stehplatzbereich verlegt werden. Die Aufteilung, inklusive der großen Nordkurve Gelsenkirchen Fahne, weiterer Schwenker im Oberrang und einer Fahne über dem Seitentunnel, konnte sich schon vor Anpfiff sehen lassen.
Nordkurve Gelsenkirchen
Zu Beginn des Spiels schaffte man es zunächst nur selten, die gesamte Masse mitzunehmen. Eine ordentliche „S 0 4“-Klatscheinlage und „Kohle unter unsern Füßen“ bleiben aber positiv hängen. Dazu kam ein „Schalke – Nullvier“ Wechselgesang, der in einer auswärts selten dagewesenen Lautstärke durchs Rund geknallt werden konnte. Insgesamt wurde man jedoch das Gefühl nicht los, dass hier eigentlich noch mehr drin gewesen wäre. Auf dem Rasen sah es nicht großartig anders aus: ein intensives, kampfbetontes Spiel mit wenigen Highlights, das zunächst nicht wirklich mitriss. Kurz vor dem Pausenpfiff sorgte dann aber Karaman’s Elfmeter für völlige Ekstase und den perfekten Push zur Halbzeit.
Mit der Führung im Rücken startete man in den zweiten Durchgang, begleitet von einer starken „Königsblauer S04“-Schalparade. Jetzt ging alles deutlich lockerer von den Lippen und es gelang immer wieder, das Potenzial der Masse abzurufen. Unsere Mannschaft spielte nun in der Manier eines Tabellenführers und ließ dem Gastgeber kaum Luft zum Atmen. Wie gerufen kam die Rote Karte gegen die Fortuna in der 55. Minute. Spätestens jetzt war jeder Schalker überzeugt, die drei Punkte mitzunehmen.
Vitalie Becker setzte seiner ohnehin hervorragenden Leistung in der Schlussphase mit dem 0:2 die Krone auf. Das anschließende „Uns’re Fahnen wehn im Wind“ schepperte richtig. Bemerkenswert und schön zu sehen, wie gut das Lied inzwischen angenommen wird.
Nach Abpfiff drehte Blau Weiß dann komplett frei. Auf den „Kling Glöckchen“-Klassiker folgte ein überragender „Mythos vom Schalker Markt“. Besser hätte man diesen Abend kaum abschließen können. In Erinnerung bleibt definitiv unser bester Auftritt in Düsseldorf seit Jahren.
Gegner
Auf der Gegenseite stand der Tag im Zeichen von 25 Jahren Ultras Düsseldorf. Gefeiert wurde mit einer ansehnlichen Pyroeinlage, über das gesamte Spiel hinweg wurden immer wieder Fackeln gezündet. Optisch wirkten die Mitmachquoten im Unterrang solide, akustisch kam jedoch nahezu nichts an, was natürlich auch der überwältigenden Masse an Schalkern im Stadion und dem Spielverlauf geschuldet war. Mit einer kleinen und ehrlicherweise recht bescheidenen Choreo im Eckblock feierte die „Fortuna Mafia“ ihr Jubiläum.
Freunde
Vielen Dank an unsere Freunde aus Enschede, die auch in Düsseldorf wieder mit dabei waren.
Nordkurve Nürnberg
Aktuelle Lage
Glück auf Schalker,
Servus Glubbfans,
auch zum heutigen Spiel gegen den 1. FC Nürnberg möchten wir euch natürlich auf den aktuellen Stand aus dem Frankenland bringen.
Wie die meisten mitbekommen haben, stand letzten Sonntag das 275. Frankenderby auf dem Spielplan. Einer durchwachsenen ersten Hälfte folgte eine rasant startende zweite Halbzeit. Innerhalb von 13 Minuten gab der FCN zwei Führungen aus der Hand und so hatten beide Vereine jeweils zwei Tore auf der Habenseite. Die Nordkurve überzeugte zu Spielbeginn mit einer Stadtchoreo. Eine Karikatur der Nürnberger Burg umfasst von großen NÜRNBERG Lettern bildeten den Hauptteil. Abgerundet wurde das Gesamtbild mit größeren Stadtwappen-Fahnen, sowie dem Spruchband “Am Fuße des steinigen Berges wurdest du erschaffen und machtest das Land zu Deinem”.
Über das Spiel in Magdeburg verlieren wir an dieser Stelle wenig Worte. Fantechnisch stand die Partie ein letztes Mal im Zeichen der bundesweiten Fanproteste. Zusammen mit dem Block U betrat man erst zur zwölften Minute stillschweigend die Kurven, ehe nach der 30. Spielminute dann auf beiden Seiten der Support aufgenommen wurde.
Vor der Winterpause begrüßt man Hannover 96 nochmals in Nürnberg, ehe die Weihnachtszeit auch in Nürnberg den Ball ruhen lässt.
VAK-P Enschede
Aktuelle Lage
Nach fast zwei Monaten haben unsere Freunde endlich wieder einen Heimsieg einfahren können. Gegen AZ Alkmaar gewannen die Tukker mit 1:0. Im folgenden Auswärtsspiel beim FC Utrecht konnte man in der Schlussphase immerhin noch das 1:1 erzielen und somit einen Punkt mit nach Enschede nehmen.
Vor Weihnachten steht für den FCT nochmal eine englische Woche an. Nach dem Heimderby gegen die Eagles aus Deventer spielt man unter der Woche beim Amateurclub SV Spakenburg um das Weiterkommen im Pokal. Das letzte Spiel des Jahres bestreiten unsere Brüder bei Feyenoord Rotterdam.
Komiti Skopje
Aktuelle Lage
Der FK Vardar überwintert an der Tabellenspitze. Seit dem Remis gegen den Tabellenzweiten Struga Anfang Oktober hat Vardar jedes Spiel gewonnen, wenn auch manchmal knapp, wie am vergangenen Wochenende in Gjorce Petrov, wo ein Rückstand in der zweiten Hälfte noch in einen 2:1-Auswärtssieg gedreht werden konnte. Eine Woche zuvor stand das Stadtduell gegen Shkupi auf dem Programm. Eigentlich ein sportlich wie auch auf den Tribünen eindeutiges Duell, war dennoch etwas mehr Aktivität als bei den letzten Duellen in der Stadt zu spüren. Am Vorabend der Begegnung wäre es beinahe zu einem größeren Aufeinandertreffen der beiden Fanszenen im Stadtzentrum gekommen. Der Rivale rund um die Gruppe Shverceri war am Ende doch nicht so entschlossen wie vorher angekündigt und trat den Rückschritt an. Einzelne Personen erwischte es dennoch. Aufgrund der Witterung fand die Partie im Stadion am Verbandsgelände statt. Das machte Komiti sich zunutze und zeigte eine Choreo über zwei Tribünen inklusive etwas Rauch und auch das Spiel wurde am Ende überdeutlich mit 6:1 gewonnen. Ein rundum gelungenes Wochenende und weiterhin die Tabellenführung, mit der man nun bis Mitte Februar in die Winterpause geht.
Curva Sud Siberiano
Aktuelle Lage
Haben wir in den letzten Wochen noch von dem ansehnlichen Fußball und der Leistung geschwärmt, die man aktuell in Salerno sieht, müssen wir über die letzten beiden Spiele eher Gegenteiliges berichten.
Auswärts in Benevento hat man sich eine 5:1 Packung abgeholt, bei der die Mannschaft völlig auseinandergefallen ist. Auch beim Heimspiel darauf gegen Trapani gab die Mannschaft kein gutes Bild ab, wenig Kampfgeist, kein Wille. Immerhin konnte man durch einen Treffer von Anastasio noch ein 1:1 und damit einen wichtigen Punkt retten. Aktuell befindet sich Granata auf Tabellenplatz 4 mit 32 Punkten und damit 5 Punkte zum Tabellenersten Catania. Die nächsten Spiele werden also entscheidend sein, um den Anschluss nicht zu verlieren. Mit dem Auswärtsspiel in Picerno (letzter Tabellenplatz) und dem Heimspiel gegen Foggia (Platz 18) warten immerhin vermeintlich einfache Gegner, bei denen es Punkte zu holen gilt.
Abseits vom Sportlichen können wir vom Stadionumbau berichten, der in italienischer Manier ein Jahr später als geplant gestartet ist, die ersten Bagger rollen aber nun und das Stadion wird abschnittsweise gesperrt und umgebaut. Wie berichtet, werden die Heimspiele in späteren Bauphasen im benachbarten Provisorium Volpe ausgetragen.
Nachdem sich die Erfordia Ultras mit einem Interview für die Rubrik “Ode an die Fanzines“ beteiligt hatten, war es für uns selbstverständlich, dass wir ihnen im Gegenzug ebenfalls ein Interview zum Blauen Brief geben. Das Interview ist in ihrem Spieltagsheft “Block3” in den letzten Wochen erschienen und wir wollen euch diese Zeilen natürlich auch nicht vorenthalten.
Block3: Moin nach Gelsenkirchen. Zunächst Danke für das Interesse an unserem Heft und die Bereitschaft, im Gegenzug ebenfalls ein paar Fragen für uns zu beantworten.
Woher das Interesse an Des Wahnsinns fette Beute und nach welchen Kriterien sucht Ihr die Hefte für euren „Eine Ode an die Fanzines“-Part im Blauen Brief raus?
Blauer Brief: Glück auf, auch von unserer Seite erstmal ein fettes Dankeschön, dass wir euch an dieser Stelle etwas den Blauen Brief vorstellen können.
Vielleicht zu Beginn ein paar Worte zur Rubrik “Ode an die Fanzines” selbst. Wir hatten auf Schalke über Jahre hinweg extrem viele Leser von Fanzines. Unsere gruppeninternen Bestellungen waren bei fast jedem Heft sehr hoch. 2016 herum gab es allerdings einen Einbruch dieser Zahlen. Eine erste Reaktion war der relativ bekannte Text “Ode an die Fanzines“, der die Verkaufszahlen in der Folge wieder nach oben schnellen ließ. Wir wollten die entstandene Energie aufgreifen und haben erstmals diese Interviewreihe veröffentlicht. Zum damaligen Zeitpunkt waren unsere Interviewpartner, neben den bekannten überregionalen Heften, unter anderem die Klassiker “Beziehungskiste”, “Dröhnbüttel” und das “Unterwegs” Fanzine.
In den letzten Jahren wurde es dann nicht besser. Die Interessen der jungen Leute verschieben sich und Fanzines werden immer mehr zu einem “Nerd-Ding”. Dem wollen wir entgegenwirken und legen die Reihe nun wieder neu auf.
Seit Veröffentlichung der letzten „Ode an die Fanzines”-Reihe sind jede Menge neue und großartige Hefte auf den Markt gekommen. Wir haben für die Interviews bei denjenigen angefragt, die wir mit gutem Gewissen weiterempfehlen können, die für uns einen inhaltlichen Mehrwert haben und gut geschrieben sind. In den meisten Fällen ist es gleichbedeutend, dass sie bei uns in der Gruppe bereits von einigen gelesen werden. Wir würden uns freuen, wenn wir durch die Interviews ein paar neue Leser eurer Hefte finden würden.
Block3: Wie hat sich das Heft im Laufe der Jahre entwickelt und wofür steht der blaue Brief heute? Worauf legt Ihr inhaltlich wert?
Blauer Brief: In erster Linie ist es natürlich DAS Medium, mit dem Ultras Gelsenkirchen nach außen hin kommuniziert.
Wir wollen mit dem Blauen Brief möglichst viele Menschen erreichen und für unsere Themen sensibilisieren. Das ist auch der Grund, warum wir ihn nach wie vor auf unserer Homepage online stellen. Allein die Nordkurve fasst über 15.000 Menschen, die wir mit der gedruckten Variante niemals auch nur ansatzweise alle erreichen könnten.
Wir wollen dabei inhaltlich möglichst alle Bereiche, die zu Ultras Gelsenkirchen gehören, abbilden. Daher veröffentlichen wir neben den Spielberichten und News zu unseren Freunden auch immer einzelne Texte, die sich beispielsweise mit der Geschichte von Schalke, der Stadt, Mentalitätsfragen oder eben mit Fanzines beschäftigen.
Die Gesellschaft wird schnelllebiger, Informationen erreichen immer rasanter den Konsumenten, werden aber auch gleichzeitig immer oberflächlicher. Fanzines haben nach wie vor die Möglichkeit und die Kraft, dem zumindest in der Fußballwelt entgegenzuwirken und thematisch mehr in die Tiefe zu gehen. Das wollen wir mit dem Blauen Brief erreichen.
Block3: Blick hinter die Kulissen: Wie viele Leute arbeiten derzeit am Heft mit und sind irgendwelche neuen Sachen für die Zukunft geplant?
Blauer Brief: Das ist schwer zu sagen. Theoretisch sind in der Redaktion etwa 35 Menschen, die sich im Laufe der Saison mit dem Blauen Brief beschäftigen. Realistisch sind es aber 10-15 variierende Personen, die an einer Ausgabe arbeiten. Dazu gehören Schreiben, Gegenlesen, Lektorat und Layout.
Als kleinen Spoiler können wir vielleicht verkünden, dass in den nächsten Wochen über mehrere Ausgaben hinweg ein internationales Interview erscheinen wird. Auf dieses Interview sind wir wirklich stolz, da es Einblicke in die Fußballwelt eines Landes bringen wird, aus der zumindest wir in dieser Form noch nie lesen konnten.
Block3: Wie sieht die Entwicklung eures Heftes chronologisch gesehen aus? Ich persönlich verfolge euer Zine, auch aufgrund der guten Zugänglichkeit, bereits seit einiger Zeit. Es gehörte für mich gerade zu Zeiten des ersten großen Ultraboom in Deutschland (ca. 2012-2016) zu den besten Angeboten auf dem Markt. Parallel zum sportlichen Werdegang des S04 – so mein Bauchgefühl – gab es einen kleinen Knick in der Leistungskurve. Seit einiger Zeit geht es wieder vorwärts. Täusche ich mich oder wie seht Ihr das?
Blauer Brief: Und genau wegen solchen Fragen landet ihr im Marienhospital! Nein, ernsthaft, diese Beobachtung kann schon stimmen. Wir würden das Hoch des Heftes aber ein paar Jahre länger als 2016 ziehen, haben aber auch gemerkt, dass irgendwann viele Geschichten und Themen auserzählt sind oder irgendwann schon mal behandelt wurden. Ein vernünftiges Niveau konnte aus unserer Sicht zwar immer gehalten werden, besondere und einprägsame Texte sind in der Tat jedoch weniger geworden und so etwas wie eine falsche Routine hat sich vielleicht eingeschlichen.
In den letzten Jahren konnten wir wieder einige nette Reihen und Texte veröffentlichen und für diese Saison sind wir eigentlich bis zum letzten Spieltag mit inhaltlichen Highlights durchgeplant. Auch haben wir die Form unserer Spielberichte wieder neu angepasst, mit der alten in der “Ich-Form” waren wir nicht mehr zufrieden. Wir hoffen, dass dies dann auch beim Leser ankommen wird.
Block3: Wir haben uns vor ein paar Jahren dazu entschieden, unser Block3 nicht mehr online zur Verfügung zu stellen. Wertschätzung, intimere und persönliche Gedanken sind zwei Gründe, die dafür mit ausschlaggebend waren. Uns ist durchaus bewusst, dass wir alleine von der Größe der Kurve sowie der aktiven Fanszene in ganz anderen Welten daheim sind. Trotzdem drängt sich die Frage auf: Eure Gründe, das Heft heute noch online zu stellen?
Blauer Brief: Wie schon angesprochen, wollen wir möglichst viele Schalker mit unseren Themen erreichen und sensibilisieren.
Besonders vereinspolitisch konnten wir uns in den letzten Jahren trotz der Größe des Vereins sehr erfolgreich einbringen und sogar verschiedenen Posten bekleiden. Das hätten wir niemals geschafft, wenn wir uns den anderen Mitgliedern des FC Schalke komplett verschließen würden und unnahbar wären. Gleiches gilt für andere sensible Debatten. Wir haben den Eindruck, dass zumindest die Schalker, die ins Stadion gehen und/oder sich vereinspolitisch interessieren, Dinge vergleichsweise gut einordnen können. Sicherlich sind diese nicht immer einer Meinung mit uns, aber zumindest etwas informierter über die Hintergründe.
Block3: Den Lesern dieser Zeilen dürfte ja bewusst sein, warum es sich heute noch lohnt, Fanzines zu machen. Wie ist eure Sicht der Dinge?
Das geschriebene Wort ist noch immer das, das am besten in den Köpfen ankommt.
Fanzines bieten Informationen, Unterhaltung und im besten Fall Einblicke und Anregungen.
Gleichzeitig sind sie aus erster Hand, kein anderes Medium hat den Inhalt interpretiert oder eingeordnet. Es ist die reine Meinung der Herausgeber. Das ist besonders in der heutigen Zeit ein unfassbarer Wert. Dabei hat man die Möglichkeit, ins Detail zu gehen und etwas aufzuarbeiten. Das wird niemals ein sensationsgeiler und stumpfer ins Netz gefurzter Beitrag ablösen können.
Der DIY-Charakter ist fast zu einem Alleinstellungsmerkmal unserer Subkultur geworden und sollte wie ein rohes Ei behandelt werden.
Wenn wir mit dem Schreiben aufhören, haben die Falschen gewonnen.
Block3: Große Szene, viel Aktivität. Macht sich das auch auf dem Schalker Fanzinemarkt bemerkbar? Wie ist dieser aktuell aufgestellt?
Blauer Brief: Nach Jahren der kleinen Flaute erscheinen auf Schalke neben dem Blauen Brief aktuell sechs Fanzines oder Gruppenhefte regelmäßig.
Das ist eine schöne Entwicklung. Aber auch da stellt sich natürlich die Frage, wie viele “neue” Leser man wirklich erreicht oder ob es vor allem eben die paar hundert Menschen sind, die einfach alles lesen. Wir arbeiten dran.
Block3: Wir kommen langsam zum Ende. Eine spitz formulierte Frage wollen wir uns rausnehmen: Fester Fragenkatalog oder individuelle Interview-Fragen?
Blauer Brief: Je nachdem. Für Einzelinterviews mit Spielern, Fanszenen etc., wo man vielleicht die Möglichkeit hat, die Interviews im direkten Gespräch zu führen, ist ein individueller Fragenkatalog viel besser. Für Reihen über eine ganze Saison, wie jetzt beispielsweise mit der Fanzine Rubrik, bietet sich ein fester Fragenkatalog an.
Block3: Es wurde zwar bereits angeschnitten, aber hier nochmal die Frage: Wo kann man euer Heft lesen?
Ausgelegt ist es an Spieltagen in unserem Club und wird im Stadion hinter der Nordkurve verteilt. Wir nehmen für die Hefte kein Geld, aber die Leser haben die Möglichkeit, etwas zu spenden, was sich auch gut deckt. Ansonsten online auf unserer Homepage.
Block3: Danke nach Gelsenkirchen! Wenn Ihr noch was loswerden wollt, die letzten Zeilen gehören natürlich auch an dieser Stelle ganz obligatorisch dem Interviewten.
Blauer Brief: Fanzines sind die Geschichtsbücher unserer Bewegung, wir müssen sie sorgsam behandeln und ewig fortführen. Es ist ein schöner Gedanke, dass in 20 Jahren ein junger Ultra in den Geschichten der heutigen Generation blättern und hoffentlich etwas daraus mitnehmen kann. Egal ob in Gelsenkirchen oder in Erfurt.
Vielen Dank für die Möglichkeit des Interviews.
Nach einer kurzen Pause geht es nun in dieser Rubrik weiter. Unser Interviewpartner ist diesmal das Fanzine Trespass aus Frankfurt. Auf den ersten Blick würden wir es als klassisches Hopping-Fanzine beschreiben. Texte zu Spielen der Eintracht finden nur selten den Weg in das Heft, diese sind dann aber auch um so mehr zu empfehlen. Beispielhaft sind hier die Zeilen zum letzten DFB-Pokalsieg aus der letzten Ausgabe erwähnt. Der Schreibstil ist unglaublich unterhaltsam und die Schreiber können die Geschehnisse wunderbar mit Leichtigkeit, aber auch viel Hintergrund einordnen, was ihr auch in diesem Interview sicherlich feststellen werdet.
Leider ist das Heft schon länger nicht mehr erschienen und wir hoffen, dass überhaupt nochmal eine Ausgabe erscheint. Ihr könnt aber zwei Ausgaben im NOFB-Shop (https://www.nofb-shop.de/) bekommen.
Vielen Dank nach Frankfurt für das Interview.
Interview mit dem Trespass
Als Einstieg direkt mal folgendes Szenario. Ihr sitzt auf einer Parkbank in Gelsenkirchen und blättert durch euer Heft. Es läuft eine Schalker Kutte mit Bier in der Hand vorbei. “Ey hömma, wat is’ dat denn?” Wie erklärt ihr ihm kurz euer Fanzine?
Trespass: Ei Gude, ich frag mich zwar immer noch, was genau wir hier in Gelsenkirchen auf einer Parkbank machen, aber wenn wir schonmal hier sind, kannste dich auch zu uns setzen. Haste noch ein Bier für? Ah, subber, danke, prost. Also, das Ding ist der Trespass, ein Groundhopping Fanzine von uns drei, alle Fans der SGE. Is geil, musste auch mal lesen. Geht net ausschließlich um Fußball und Fanszenen, Stadien und Eintrittskarten, geht auch um viel Dummgebabbel, Weltverbesserung, Bier, Reiseberichterstattung, Schreiben als Selbsttherapie, autobiografische Stories, Musik, Trash TV, Hass auf Coldplay, verrückte Typen und lustige Ehefrauen, gutes Essen und wilde Partys, langweilige Abende und Schmierfraß, Spartipps und Geldverschwendung, lange Flixbusfahrten, noch längere Laufeinheiten, Ganja, Freundschaft und Fußball. Und Fanszenen. Und Stadien. Und Eintrittskarten. Kann man mal lesen, ist geil. Prost!
Stand heute, wie ist euer Heft in der Fanzinelandschaft einzuordnen? Was ist der inhaltliche Fokus?
Trespass: Auf den ersten Blick ist es eigentlich ein klassisches Groundhopping Zine ohne großartigen Schnickschnack. Außer einer Sonderausgabe besteht der Inhalt nur aus Spielberichten, wobei der eigene Verein außer in absoluten Ausnahmefällen (allen voran DFB- und Europapokalsieg), die dafür dann aber den Rückmeldungen nach zu urteilen auch als die Highlights der bisherigen Ausgaben gelten, außen vor bleibt. Ich glaube jedoch, dass der „Erfolg“ und die fast ausschließlich mehr als positiven Rückmeldungen weniger auf dem reinen Inhalt als der Art und Weise der Berichterstattung liegen. Oftmals bieten die besuchten Spiele nur den Rahmen, um im dazugehörigen Text über alles Mögliche, teils sehr persönlich oder autobiografisch, zu referieren oder um uns mehr oder weniger kreativ auszutoben. So erfährt der/die Leserin nicht nur viel über uns, sondern schafft es auch, eine Art „Beziehung“ aufzubauen, was den Zugang zu den Texten sehr erleichtert. Das ist übrigens keine Selbstbeweihräucherung, sondern so fast wörtlich aus einer Rezension abgeschrieben 🙂 Ich persönlich denke bzw hoffe ja auch, dass der Trespass einfach auf mehreren Ebenen funktioniert. Klar, in erster Linie sind das einfach mal Groundhopping-Touren. Unser Anspruch ist aber schon, die Texte nicht 0815 erscheinen zu lassen. Selbstironie, Wortwitz, eigene Meinung (die sicherlich nicht immer allen gefallen muss) ein kritischer Blick – sowohl auf uns und unser Verhalten als auch auf die uns umgebende Dinge – und Empathie sind dabei genauso wichtig wie das Unterbringen wichtiger Informationen und die Beschreibung der Stadionatmosphäre. U.a. dadurch, aber auch durch Stilmittel wie dem mal subtilen, mal exzessiven Einbauen von Film- und Musikzitaten (vornehmlich aus der goldenen Phase des Deutschraps), Insiderwitzen aus der Jugend oder Running Gags, kann eigentlich jede und jeder etwas anderes aus den Texten mitnehmen. Der Freund aus der Heimat wird sich im Jordanien Bericht über die Erinnerung an den Frühschoppen kaputtlachen, die Tifobegeisterte die Beschreibung des Hauptstadtderbys inhalieren, der kulturell Interessierte einige Inspirationen aufsaugen und die Filmnerds sich über die teils grandiosen (ja, dafür klopfe ich mir gerne selbst auf die Schulter ;-)) Anspielungen freuen. Und genau deshalb…
Wie würdet ihr bzw. wen würdet ihr als eure Zielgruppe beschreiben? Wen wollt ihr erreichen und wen erreicht ihr tatsächlich?
Trespass: Eigentlich gibt es DIE Zielgruppe nicht. Prinzipiell kann unser Heft jede interessierte Person lesen und jede wird in irgendeiner Form auf ihre Kosten kommen. Man muss nicht unbedingt Fußballfan sein, um sich an ellenlangen Beschreibungen von Tierbeobachtungen zu erfreuen. Klar richtet es sich in erster Linie an Fußballleute und den eigenen Freundeskreis und wir freuen uns über jede einzelne Person, die es liest, der es gefällt und die im Idealfall etwas für sich daraus mitnimmt. Gibt aber auch Leute, die sich an den Geschichten abseits des Fußballs begeistern und es deshalb lesen. Klar ist das die absolute Minderheit und ein Rosamunde Pilcher Fan wird jetzt eher nicht zur Stammkundschaft gehören, aber prinzipiell funktioniert das schon. Ein inzwischen gar nicht mal so kleiner und sehr schöner Nebeneffekt ist, dass wir durch unser Heft doch schon sehr viele Leute quer durch die Republik und darüber hinaus kennengelernt haben und dabei auch gute Freundschaften entstanden sind. Von daher kann man schon sagen, dass wir im Großen und Ganzen die richtigen Leute erreichen. Mehr Leser*innen wären aber auch immer gut. Also, sofern ihr keine Arschlöcher seid, schlagt zu 😉
Wisst ihr noch, wie und wann die Idee zu eurem Fanzine entstanden ist?
Trespass: Die Idee war eigentlich schon lange im Kopf, nur hat es keiner in die Tat umgesetzt. Während einer Italientour 2014 habe ich dann einfach mal angefangen, das Erlebte runterzuschreiben. Anschließend im Eintrachtforum veröffentlicht, auf sehr positive Resonanz gestoßen und das gleiche bei der nächsten Tour wieder gemacht. Und schon war einiges an Ausgangsmaterial da, auf das wir aufbauen konnten. Zehn Monate später hatten wir dann das erste Heft in der Hand.
Könnt ihr uns einen groben Abriss über die Entwicklung eures Heftes geben? Wie haben sich Inhalt, Umfang und der Druck über die Jahre gewandelt?
Trespass: Seit 2015 jährlich erschienen; den Rhythmus schaffen wir leider nicht mehr zu halten; bisher sieben reguläre und eine Sonderausgabe; Umfang ist eigentlich stetig angewachsen – von 100 (bzw 120 in der farbigen Edition) Seiten in der Erstausgabe sind wir mittlerweile bei deutlich über 200, mit dem Höhepunkt von 280 in der #5 – das war aber auch ein geisteskrankes Jahr. Inhaltlich ist es seit jeher eine ausgewogene Mischung aus fantechnisch relevanten Spielen, mehr oder weniger exotischen Touren und dem ein oder anderen Rumpelkick, wobei sich der Fokus über die Ausgaben schon etwas verschoben hat. Standen anfangs noch eher die großen Derbys im Tifo Mittelpunkt, sorgen jetzt eher die kleineren Szenen, vornehmlich auf dem Stiefel, für die stimmungsmäßigen Highlights. Die Auflage ist recht stabil bei so 4-500, wobei Ausgaben 1-3 teilweise schon mehrfach nachgedruckt wurden. Für die späteren Ausgaben ist das jedoch nicht möglich, da der gestiegene Umfang jede Kostenkalkulation sprengen würde.
Hattet ihr eine gewisse Fluktuation im Personal? Stand das Heft sogar mal vor dem Aus?
Trespass: Die Redaktion ist quantitativ recht stabil. Angefangen zu zweit (Ösch, Ede), irgendwann mal einen Gastschreiber an Land gezogen (Jutsen), der jetzt die Redaktion vervollständigt. Qualitativ, also nicht inhaltlich, sondern was Motivation, Zeitmanagement and so on betrifft, ist das dann schon eher so ne Sache. Die Ursprungsredaktion ist relativ frisch Vater geworden, jobtechnisch sind wir alle ordentlich eingebunden, die „jugendliche“ Unbekümmertheit weicht einem deprimierenden Frust über das Weltgeschehen – alles Punkte, dass sowohl Zeit als auch oftmals Lust fehlt, nach einem anstrengenden Tag im Büro und anschließender Kinderbespaßung noch großartig in Stimmung zu kommen, einen lustigen, kreativen oder informativen Text zu schreiben. Da schaue ich aktuell lieber abends noch eine Serie, lese selber etwas oder höre mir mal wieder einen Soundclash aus der guten alten Zeit an. Um die Frage zu beantworten: Nein, vorm Aus STAND das Heft noch nie. Die Zukunft ist aber ungewisser denn je. Eigentlich will ich nicht, dass das Ding stirbt. Die Erstellung der achten Ausgabe ist aber ein einziger sich ewig hinziehender Krampf und frustriert mich auch gut. Für den Fall, dass das Ding mal fertig werden sollte, müssen wir uns danach mal Gedanken machen, wie es weitergehen soll. Aber fertig werden muss es. Die bisher getippten Berichte sind nämlich gut…aber halt stellenweise auch nicht mehr wirklich aktuell 😉
Die Welt wird immer schnelllebiger und Infos landen fast in Echtzeit auf den Handys der Konsumenten. Welche Lücke können hier Fanzines noch schließen?
Trespass: Die Frage triggert mich gerade etwas, da ich seit einiger Zeit fast schon unter der digitalen Reizüberflutung gelitten habe. Es folgen lose und vor allem sehr subjektive Gedanken, die aber doch alle irgendwie zusammen gehören. Klassische Antwort auf die Frage: Die Tiefe der Informationen, die man über ein Fanzine erhält, gibt dir kein Instagram-Post, kein noch so guter Faszination Fankurve Artikel, keine minutiöse Berichterstattung über Whatsapp deines besten Freundes und erst recht kein fucking Gruppa OF Video. Du weißt zwar, was los ist, kriegst aber in der nächsten Sekunde die nächste utopische Pyroshow oder Video von der Tribüne stürzender Personen in den Feed gespült und hast schon wieder alles vergessen, was du davor gemacht hast. Was ein Bullshit. Liest man stattdessen ein Heft oder Buch und legt im Idealfall das Handy außer Reichweite, nimmt man die Infos und Geschichten viel intensiver wahr. Könnt ihr mir glauben, habe ich im Selbstversuch so rausgefunden 😉
Aber für mich geht das Pro für das gedruckte Wort noch weiter, bzw. schließt daran an. Natürlich ist es geil, dass man alles, was so passiert, quasi in Echtzeit mitbekommt. In meinen Augen verliert es dadurch aber einfach auch total an Wert. Da wir uns hier im Fußballkosmos bewegen, bleibe ich auch in diesem Themenfeld, könnte man aber auch genauso gut auf andere Branchen projizieren. Beispiel – und ich weiß, dass ich damit nicht alleine bin: Mich bockt überhaupt nicht mehr, was so auf den Tribünen abgeht. So geil ich das auch finde, auf welchem Level sich die Fanszenen inzwischen befinden, aber es ist einfach Reizüberflutung next Level. Es bockt mich nicht, wenn ich durch die sozialen Medien scrolle und pro Spieltag 127 gleichaussehende Pyroshows sehe, von denen wahrscheinlich 126 nicht mal stimmungsfördernd waren. Da bleibt nichts mehr hängen, ist too much und schaue ich im Stadion auch nur noch mit einem Auge hin. Man kennt halt mittlerweile alles und stumpft komplett ab. Klar, wenn Basel oder Züri mal wieder das Rad neu erfinden, Legia die UEFA verarscht oder Lautern im Pokalfinale spielt, dann schockt mich das immer noch, aber im Großen und Ganzen zieht das alles nur noch an mir vorbei. Vorbei die Zeiten, in denen man vor 15-20 Jahren die neue Erlebnis Fußball aufschlug und erstmal völlig geflasht von der obligatorischen Collage der letzten Saint-Etienne Choreos war. Da greife ich heute noch wahllos rein und schaue mir die im Gedächtnis abgespeicherten Bilder detailliert an, während ich die meisten Aktionen der Nach-Corona-Zeit schon längst wieder vergessen habe. Für mehr als ein kurzes „Wow“ reicht es da nicht mehr. Was mich hingegen interessiert, sind Hintergründe – gerne auch zu den Kurvenbildern, die ich schon längst wieder vergessen habe. Was mich interessiert, sind die lustigen, skurrilen und interessanten Geschichten rund um den Fußball. Statt dem x-ten Pyrobild lese ich lieber, wie es ein Liedtext der Curva Volpi in Chieti zum Motto der Weihnachtsbeleuchtung geschafft hat und dadurch die örtliche Kirche erzürnt wurde. Anstatt das x-te vermummte Modul auf einem Zaun anzuglotzen, lese ich viel lieber einen emotionalen Erfahrungsbericht – scheißegal ob von der Kreisliga, einem heißen Derby oder dem anderen Ende der Welt. Anstatt das x-te Bild von brennenden Beutematerial bloß anzuglotzen, lese ich viel lieber, wie dieses in Feindeshände gelangt ist. All das – und noch viel mehr – kriegt man halt in gebündelter Form nur im Printerzeugnis. Das hat einfach eine ganz andere Wertigkeit als nur der oberflächliche Konsum.
Für mich geht es aber noch weiter. Vielleicht liest man aus der bisherigen Antwort eine gewisse Frustration raus. Das kommt nämlich nicht von ungefähr. Oftmals habe ich mich selbst dabei ertappt, wie ich völlig sinnlos durch irgendwelche Reels gescrollt habe und dadurch auch gerne mal in der ein oder anderen unangenehmen Bubble gelandet bin. Einmal zu lange das falsche Video angeschaut und schon bekommt man anstatt Pizzateigherstellung plötzlich Klimawandelleugnung in den Feed gespült. Bei den Kurzvideos bin ich übrigens nur gelandet, weil mir die Storys der von mir gefolgten Personen auf den Sack gingen. Haben scheinbar alle ein super Leben und sind auf Touren, auf denen ich auch gerne wäre, was aber familiär derzeit nicht möglich ist. Auf meiner Flucht davor lande ich bei Russenbots. Um dem zu entgehen, suche ich nach Musik, bin dann aber da gefangen. Ist zwar geil, aber bringt einen auch nicht weiter. Wenn ich dann endlich bereit bin zu schlafen, habe ich mal wieder nichts gemacht außer sinnlos auf dem Handy rumgedaddelt und kaum was Sinnvolles mitgenommen. Wenn ihr ganz ehrlich zu euch selbst seid, hat sich bestimmt der eine oder die andere hier gerade selbst erkannt. Nicht nur, dass man so seine Zeit total sinnlos verschwendet, sinkt auch die geistige Kapazität. Wer kann denn heute noch ein Fußballspiel komplett anschauen? Die durchschnittliche Aufmerksamkeitsspanne dürfte ja nur noch wenige Minuten betragen – wenn überhaupt. Lange und auf den ersten Blick vielleicht etwas weit hergeholte Rede, aber um den Kreis zu schließen: Ich habe mich als Konsequenz daraus vor einigen Wochen aus fast allen sozialen Medien abgemeldet und bin auch auf Messenger-Diensten wesentlich weniger aktiv (sorry, falls meine Antworten mal wieder länger dauern ;-)). Ja, ich bekomme weniger mit. Ich wusste bis einen Tag später nicht mal, wer das Europa League Finale gewonnen hat. Ich bekomme aber auch einfach weniger schlechte Nachrichten, weniger Hass und weniger eh schon tausend Mal gesehene Sachen mit. Stattdessen ist mein riesiger ungelesener Fanzinestapel schon ordentlich geschrumpft. Hier schließen Fanzines nicht nur eine Lücke, sondern können auch ganz einfach helfen. Abschalten. Zur Ruhe kommen. Konzentriert und fokussiert lesen. Und dabei noch was lernen. Das ist so viel mehr wert, als immer up to date zu sein. Tut euch selbst – und den vielen Fanzineautoren – den Gefallen und macht das Selbstexperiment. Legt das Handy außer Reichweite, nehmt stattdessen ein Heft oder Buch und entflieht einfach dieser schnelllebigen Welt. Das Leben ist zu schade, um es sich durch soziale Medien zu versauen.
Zu guter Letzt würden wir dann natürlich noch gern wissen, wo euer Heft erhältlich ist.
Trespass: Bisher waren alle Hefte neben der persönlichen Schiene (wer keine privaten Kontaktdaten hat, kann sich gerne jederzeit per Mail melden: [email protected]) auch im NOFB Shop erhältlich. Sollte die 8. Ausgabe jemals fertig werden, wird es diese aufgrund des doch sehr persönlichen, fast schon intimen Inhalts nur noch im Direktkontakt geben. Prinzipiell kann das jeder beziehen. Ich möchte aber schon ein bisschen ein Auge drauf haben, wer es alles bekommt. Ein offenkundiges Arschloch und/oder Nazi muss jetzt nicht unbedingt irgendwelche Geschichten aus meinem Familienurlaub lesen. Ältere Ausgaben – also quasi alle außer dem Extrablatt – sind nur noch über den Zweitmarkt erhältlich.
Leipzig: Nach dem DFB-Pokalspiel in Leipzig kam es zu einem hoch fragwürdigen Polizeieinsatz gegen Anhänger des 1. FC Magdeburg. Unmittelbar nach Abpfiff verriegelte die Polizei ohne Vorwarnung die Ausgänge des Gästeblocks und schloss über 100 unbeteiligte Personen im Stadion ein, darunter Familien und Kinder. Eine erkennbare Gefahrenlage oder ein konkreter Anlass wurden den Betroffenen nicht mitgeteilt und anschließend wurden diese erkennungsdienstlich behandelt. Besonders problematisch waren die vollständige Verweigerung von Kommunikation seitens der Staatsmacht sowie der Einsatz von körperlicher Gewalt und Pfefferspray in engen Bereichen, wodurch die Fans gesundheitlichen Risiken ausgesetzt waren. Bereits im Vorfeld des Spiels beschreiben Augenzeugen eine aggressive, martialische Grundhaltung der Polizei, die Fans einkesselte, Bewegungsfreiheit einschränkte und mit Eskalation drohte, obwohl es zuvor keine Zwischenfälle gab. Die Fanhilfe Magdeburg kritisierte diesen Einsatz scharf und bezeichnete ihn als willkürlich, unverhältnismäßig und rechtsstaatlich bedenklich, der nicht deeskalierend wirkte und pauschal gegen Fans vorging, weshalb die Fanhilfe rechtliche Schritte prüft.
Regensburg: Die Gruppe Castra Regina Invicta ruft gemeinsam mit dem Fanprojekt Regensburg in der Vorweihnachtszeit zu einer Spendenaktion auf, um finanziell benachteiligte Kinder und Familien in Regensburg zu unterstützen. Gesammelt wird für den Förderverein „Mütter in Not“ sowie für die Kinder- und Jugendhilfe St. Vincent, insbesondere deren Wohnheime. Im Fokus stehen Sachspenden wie Spielzeug, Sport- und Freizeitgegenstände sowie Kinderkleidung, außerdem sind Bargeldspenden möglich. Mit den Geldspenden sollen gezielt fehlende Bedarfe der unterstützten Einrichtungen gedeckt werden. Ziel der Aktion ist es, betroffenen Familien in der Weihnachtszeit etwas Entlastung und Unterstützung zu ermöglichen.
Frankfurt: Die Frankfurter Staatsanwaltschaft ließ am Freitagmorgen der letzten Woche erneut Wohnungen mehrerer Eintracht-Anhänger durchsuchen. Offiziell begründet wurden die Maßnahmen mit dem Vorwurf, beim Spiel gegen den VfB Stuttgart Ende März ein beleidigendes Banner mit der Aufschrift: “Auch das beste Pferd im Stall wird eines Tages gefickt. Grüße an K.T.” gegen eine Szenebeamtin gezeigt zu haben. Die Polizei behauptet, drei Personen über Videoaufnahmen identifiziert zu haben, obwohl diese laut Ermittlern teilweise vermummt gewesen seien. Hintergrund ist insbesondere der Vorfall im November 2023, als es vor dem Heimspiel gegen Stuttgart zu Auseinandersetzungen zwischen den Bullen und Frankfurtern vor der Nordwestkurve kam. Schon damals wurden Wohnungen durchsucht und umfangreiche Ermittlungsverfahren eingeleitet, von denen bis heute einige laufen. Mit den jetzt folgenden Maßnahmen setzt sich ein Muster fort, bei dem Polizei und Staatsanwaltschaft mit repressiven Mitteln auf Vorkommnisse im Stadionumfeld reagieren, ohne zentrale Fragen zur Verhältnismäßigkeit solcher Einsätze zu klären.
Holland: Im Vorfeld des Europapokalspiels des VfB Stuttgart bei den Go Ahead Eagles kam es zu erheblichen Konflikten mit den niederländischen Behörden. Die aktive Stuttgarter Fanszene wurde nach ihrer Ankunft in Deventer geschlossen zurück nach Deutschland geschickt. Bereits kurz vor der Stadtgrenze wurde die Bus-Kolonne ohne nachvollziehbaren Grund aufgeteilt. Ein Teil der Busse wurde auf einen Rastplatz geleitet, während der andere Teil unter massiver Polizeibegleitung zum offiziellen Fan Meeting Point gebracht wurde. Dort erfolgte die Unterbringung in einem abgesperrten Bereich, in dem umfangreiche Kontrollen durchgeführt wurden. Hintergrund dieser Maßnahme war der Verdacht von angereisten Stuttgartern ohne Tickets in Richtung Stadion, welches bereits vorab vom Vorstand der Go Ahead Eagles untersagt wurde. Dabei kam es zu Rangeleien, worauf die Polizei mit Schlagstöcken reagierte. Anstatt die Lage kommunikativ zu beruhigen, entschieden sich Polizei und Stadtverwaltung in der Folge für eine Kollektivmaßnahme und verhängten ein generelles Betretungsverbot für alle Fans aus den betroffenen Bussen. Sämtliche Mitgereisten wurden daraufhin in ihre Busse zurückgedrängt und unter Polizeieskorte über die Grenze geführt. Auch die Busse, die zuvor auf dem Rastplatz festgehalten wurden, mussten die Heimreise antreten. Andere bereits in Deventer befindliche Stuttgarter solidarisierten sich daraufhin und reisten ebenfalls ab. Der VfB Stuttgart kritisierte das Vorgehen scharf. Vorstandsmitglieder, die selbst am Fan Meeting Point anwesend waren, widersprachen den Darstellungen der Behörden deutlich. Von dem angeblich „aggressiven Verhalten“ der Fans habe man nichts beobachten können. Die Maßnahmen waren in keiner Weise nachvollziehbar und zeugten von einem unverhältnismäßigen Vorgehen. Der Verein fordert nun eine vollständige Aufarbeitung der Ereignisse durch die Behörden und die UEFA.
