Glück auf Schalker,
der Blick auf die Tabelle bereitet wohl jedem, der es mit Königsblau hält, große Sorgen. Die Hoffnung auf eine halbwegs ruhige Saison ist schon lange verflogen und man sehnt sich die Winterpause herbei. Zu allem Überfluss bleibt uns nicht mal das spielfreie Wochenende, um etwas Luft zu holen und Abstand von der ganzen Scheiße zu bekommen. Nein, unsereins darf sich auch nächsten Samstag in die Arena quälen, um an der diesjährigen Mitgliederversammlung unseres FCS04 e.V. teilnehmen zu dürfen. „Dürfen“ ist an dieser Stelle nicht ironisch gemeint. Wir haben als einer der wenigen Proficlubs immer noch die Möglichkeit, aktiv an der Gestaltung unseres Vereins einzuwirken. Dem sportlichen Niedergang zum Trotz sollte daher jeder und jede dieses Privileg wahrnehmen und am 16. November 2024 seinen Arsch auf der Haupttribüne platzieren. Um euch bestmöglich auf die MV vorzubereiten und einen ersten Eindruck der Kandidaten für den Aufsichtsrat und Wahlausschuss zu bekommen, findet ihr bereits die bekannten Fragebögen an den Aufsichtsrat auf unserer Homepage www.ultras-ge.de. In der nächsten Woche folgen dann die Antworten der Kandidaten für den Wahlausschuss.
Wie jedes Jahr im November ziert Charly Neumann das Cover. Mittlerweile ist Charly seit 16 Jahren nicht mehr unter uns. Eines seiner bekanntesten Zitate ist aber aktueller denn je: „In schlechten Zeiten müsst ihr Schalker sein. In guten haben wir genug davon.“ Wir möchten an dieser Stelle nochmals betonen, dass wir mit Charly auf dem Cover allen verstorbenen königsblauen Fans gedenken möchten. Ruhet in Frieden!
Ab dem heutigen Heimspiel ist die achte Ausgabe des Groundhopping-Fanzines „¡A La Cancha!“ erhältlich: Die Anzahl der Autoren aus der Schalker Fanszene ist mittlerweile von drei auf vier angewachsen. Konstant geblieben ist der Anspruch, euch mit Spielberichten aus aller Welt ein wenig Abwechslung zum tristen Ligaalltag zu bieten. Auf 156 vollfarbigen Seiten findet ihr dazu Eindrücke aus 52 Partien und 26 Ländern. Darunter sind sowohl längere Touren durch Zentralasien, Ostafrika, Skandinavien oder die arabische Halbinsel zu finden als auch einzelne Highlights aus dem europäischen Ausland.
Abgerundet wird das Heft wie gewohnt durch hintergründige Texte, diesmal beispielsweise zur Rivalität zwischen Ajax und Feyenoord, einer Fanszenevorstellung aus Tunesien oder der von Perspektivlosigkeit geprägten Situation vieler Jugendlicher in Frankreich. Erhältlich ist das Heft ab sofort unter [email protected] und am UGE-Infostand.
FC Schalke 04 e.V. – SpVgg Greuther Fürth GmbH & Co. KgaA 3:4 (1:3)
Vor dem Spiel
In der Arena wurden an diversen Eingängen die allseits bekannten Nordkurven-Kalender an den Mann gebracht.
Zu diesem Spiel gab es eine Änderung in unserer Kurve. Die äußeren Vorsängerpodeste wurden erneuert. Sie sind nun größer, sodass dort zusätzlich jeweils ein Trommler Platz findet und sich so besser am Hauptpodest orientieren kann.
Nordkurve Gelsenkirchen
Schon Minuten vor dem Anpfiff forderte die Nordkurve die gegenüberliegende Südkurve zum Wechselgesang auf. Ein lautes Schalke 04 schepperte durchs weite Rund. Die Stadionbeschallung war seitens des Vereins auf ein Minimum reduziert und somit dem Publikum die Bühne überlassen worden. Gute Sache und bestimmt motivierend für jeden Sportler, trotz katastrophaler Vorleistungen, frenetisch von sechzigtausend Fans begrüßt zu werden. Der weitere Spielverlauf zeigte aber, dass der entscheidende Funken nicht überspringen sollte.
Nach Anstoß wurde ein “Geh’n mit dir auf jede Reise” angestimmt. Auch das machte sich gut, ebenso wie die folgende Pogoeinlage zu “Stadion geh’n, n Pappbecher Bier”. Beim Lied “FC S04, eh oh” merkte man deutlich die positiven Effekte der neuen Vorsängerpodeste. Die Schalker in der Nordkurve konnten spürbar besser abgeholt werden. Unterbrochen wurde die Einlage durch das erste Tor der Fürther, welche viel zu einfach nach Abstoß von Hoffmann an den Ball und letztlich auch zum Abschluss kamen.
Gerade hatte man sich wieder aufgerappelt, da klingelte es das zweite Mal für den Gegner. Auch dieser Treffer gelang mühelos nach einem Freistoß aus dem Halbfeld. Unsere Vorsänger schafften es in dieser Situation mit einer passenden Ansprache, die Nordkurve noch einmal ordentlich zu motivieren. “Wir woll’n euch kämpfen seh’n” kam tatsächlich auf dem Feld an und der junge Grüger verwandelte zum 1:2. Die Stimmung wurde gehalten, der nächste Fürther Torschuss allerdings nicht. Zwar ging ein starker hoher Pass vorweg, allerdings war das Dargebotene in der Defensive ein Offenbarungseid. Katastrophe. Alle waren einfach nur noch fassungslos. Der Support wurde folglich eingestellt. Bitter, so entscheiden zu müssen.
Im weiteren Verlauf schossen die Fürther noch das 1:4. Immerhin konnten sich unsere Jungs auf dem Feld noch bequemen und erzielten zwei weitere Tore. Allerdings viel zu spät und ohne Biss.
Es blieb uns nur noch, unsere Erwartung in Richtung Kabine zu rufen:
“Wir woll’n euch kämpfen seh’n!”
Gegner
Die Fürther schlugen mit der Niederlage im Frankenderby im Gepäck bei uns auf. Ob das der Grund war, warum der Stehplatzblock nicht ansatzweise gefüllt wurde, bleibt wohl ihr Geheimnis. Jedenfalls wurden die Gruppenfahnen am ersten Wellenbrecher befestigt. An den Seiten des Blocks wurden über die ganze Länge längsgestreifte grün-weiße Banner ausgerollt. Zum Intro gab’s grünen Rauch, der tatsächlich gut daher kam und sich satt im Gästebereich hielt. Allerdings war das auch das einzig Berichtenswerte. Selbst nachdem wir unseren Support eingestellt hatten, konnte man sie akustisch und optisch kaum vernehmen.
Freunde
Die Derbysieger aus Franken ließen es sich nicht nehmen, uns auch bei unserem Spiel gegen die Westvorstadt zu unterstützen. Vielen Dank dafür, Glubberer!
Nach dem Spiel
Der Nachmittag wurde noch am Club verbracht. Später fand in Ückendorf noch ein Fanzine-Abend statt, bei dem auch unser “Blauer Brief” vorgestellt und thematisiert wurde.
FC Augsburg 1907 GmbH & Co. KGaA – FC Schalke 04 e.V. 3:0 (1:0)
Vor dem Spiel
Schalke, Schalke, Schalke, was machst du mit uns? Nach der bebenden Samstags-Niederlage gegen die Spielvereinigung aus Fürth schickte uns die zweite Runde des DFB-Pokals in den Süden Deutschlands, genauer gesagt ins Schwabenstadion zu Augsburg. Die letzten verbliebenen Urlaubstage, Home-Office von unterwegs oder der berühmt-berüchtigte gelbe Schein trieben wieder etliche Schalker in den Gästeblock und die umliegenden Tribünen des mit Knicklichtern beleuchteten Runds. Da man am Wochenende zuvor über weite Strecken spielerisch ziemlich unterging, glaubten derweil nicht viele an die große Pokalüberraschung. Aber irgendwie ist Pokal doch immer anders, aber Schalke bleibt halt Schalke…
Nordkurve Gelsenkirchen
Trotz der Häme, die vielen Blau-Weißen seit Wochen entgegenschlägt und den teilweise peinlichen Darbietungen unserer Truppe, ließ sich die Nordkurve Gelsenkirchen nicht beirren und legte einen der besten Auftritte seit langer Zeit aufs Parkett. Der Support war eine bunte Mischung aus alten, lauten Gassenhauern und neuen, kreativen Liedern, die trotz des Rückschlags in Halbzeit eins auf dem Platz nicht abschwachten. Die gesamte Halbzeitpause konnte mit „um die halbe Welt sind wir gefahren“ durch gesungen und damit emotional nochmal eine ordentliche Schippe für Halbzeit zwei draufgelegt werden. Einzelne Lieder schallten mehrere Minuten lang durchgehend durch den aufziehenden Nebel im Stadion. Schalparaden, Nachbarblöcke, die nahezu komplett mitgenommen wurden, nach vielen schwachen Auftritten von uns in den letzten Wochen, war das ein absolutes Brett von allen Schalkern. Leider sah das Ergebnis am Ende deutlicher aus, als es schlussendlich war. Platzfehler, abgefälschter Schuss, Abseitstor. Viel Pech, viele Pannen, viel Schalke. Hilft alles nichts, wir als Kurve müssen einfach genau dort weitermachen, wo wir nach 90 Minuten aufgehört haben.
Gegner
Die Heimkurve um Legio Augusta präsentierte sich von einer sehr guten Seite. Im Vergleich zum letzten Gastspiel in Augsburg hat sich der aktive Bereich deutlich vergrößert, mehrfach hat man die Gegenseite vernommen und auch die größere Schalparade in der Heimkurve ist hängengeblieben.
Freunde
Vielen Dank an unsere Freunde aus Nürnberg!
Sonstiges
Am Wochenende vor unserem DFB-Pokalspiel hatten die Schwarz-Gelben ihr Gastspiel in Augsburg und wollten es sich nicht nehmen lassen, uns eine kleine Botschaft im Gästeblock zu hinterlassen. So fand man kurzzeitig ein Foto auf der Südtribüne-Homepage mit dem Graffiti-Tag „Support nicht zu früh einstellen…“ vor. Wenige Stunden später war das Foto jedoch wieder verschwunden. Scheinbar ist ihnen selbst aufgefallen, dass man erstmal vor der eigenen Türe kehren sollte, bevor man hier die Moralkeule schwingt.
Wir konnten uns eine kleine Antwort aber auch nicht verkneifen. Die Interpretation überlassen wir ihnen selbst.
SSV Ulm 1846 Fußball GmbH & Co.KGaA – FC Schalke 04 e. V. – 0:0 (0:0)
Vor dem Spiel
Nach der Vollkatastrophe zuhause gegen Fürth und dem ordentlichen Auftritt unter der Woche im Pokal beim FC Augsburg war man nicht sonderlich schlauer, was einen jetzt wohl auf dem Rasen erwarten würde. Wie mittlerweile zur Gewohnheit geworden, war ein jeder auf alles gefasst und doch guter Dinge.
Nordkurve Gelsenkirchen
Aufgrund des Feiertags und der überpünktlichen Ankunft unserer Busse konnten wir noch vor Stadionöffnung die mitgebrachten Choreoschals an den Mann bringen. Ebenso blieb genug Zeit, sich ordentlich im Block zu positionieren und das Choreospruchband auf der Laufbahn vor dem Zaun auszubreiten.
Zum Einlaufen der Mannschaften zeigte die Nordkurve Gelsenkirchen eine ansehnliche Schalparade. Davor hielten wir ein überdimensionales Spruchband im Stil der Schals hoch. Ein schön anzusehendes und geschlossenes Gesamtbild.
Der Gästeblock kam in der Anfangszeit gut aufgelegt daher. Die Choreoschals setzten wir immer wieder stimmig zu den Gesängen ein. Hervorzuheben ist das bekannte “Ehh Ohh FC Schalke”, welches sowohl mit Blockteilung als auch zusammen minutenlang besonders herausstechen konnte.
Leider sprang der berühmte Funken nicht auf die Jungs auf dem Rasen über. Da half auch keine Pyroshow zu Beginn der zweiten Halbzeit, welche aus zahlreichen Blinkern im gesamten Block bestand. Sah auf jeden Fall gut aus, wurde nur leider nicht ganz optimal umgesetzt.
Fast die ganzen 90 Minuten plätscherte das Spiel vor sich hin und entwickelte sich bereits früh zur absoluten Nullnummer. Auch die Nordkurve musste sich dieser Entwicklung geschlagen geben und konnte das anfänglich gute Niveau nicht mehr halten. “Königsblauer S04” überzeugte nochmals, ehe wir die Mannschaft auch ziemlich emotionslos in die Kabine verabschiedeten.
Gegner
Einen soliden Auftritt kann man den Ulmern definitiv attestieren. Akustisch angekommen ist zwar selten etwas, aber der Tifoeinsatz stimmte für einen kleinen Stimmungskern wie eben von den Spatzen. Auch die kleine, aber feine Choreo untermalt mit weißen Fackeln wusste zu gefallen.
Beim Highlightspiel gegen Schalke und das bei Flutlicht kann man auf jeden Fall auch etwas Pyro während dem Spiel abbrennen, was den Gesamtauftritt abrundete.
Nordkurve Nürnberg
Aktuelle Lage
Beim Heimspiel gegen Regensburg gab es die aus der Vergangenheit bereits bekannte Becherspende für soziale Projekte der Nordkurve. So konnten die Fans ihren Becherpfand wieder bei den fleißigen Sammlern in die Tüten werfen. Fleißig war auch die Nürnberger Mannschaft, denn diese machte genau da weiter, wo sie im Derby eine Woche zuvor aufgehört hatte. Nämlich beim Toreschießen. 8:3 zu Hause gegen Regensburg hieß es am Ende. Ein Spiel, das man nicht so schnell vergessen wird. Den sportlichen Rückblick ersparen wir uns an dieser Stelle einfach mal.
Vor dem Spiel zeigte Ultras Nürnberg die bekannte “Die Nummer 1 in Franken” Fahne, welche nach dem Spiel bei den Feierlichkeiten mit der Mannschaft abermals zum Vorschein kam. Derbysieger FCN!
Nach diesem furiosen Heimsieg ging es für die Glubbfamilie unter der Woche nach Sinsheim. In der zweiten Pokalrunde musste man sich leider mit einer 2:1 Niederlage und dem damit verbundenen Ausscheiden zufriedengeben. Knapp 6.000 FCN Fans fanden dabei den Weg nach Baden-Württemberg und das an einem Mittwochabend.
Die Pokalniederlage stoppte den guten Lauf in der Liga nicht. Nach frühem Rückstand schaffte man es noch einen Punkt aus Hamburg mitzunehmen und so endete das Spiel mit 1:1 unentschieden. Trainer Miro Klose ist mit seinem Team nun seit vier Spielen ungeschlagen. Bleibt zu hoffen, dass es so weitergeht.
Vorgestern Abend gastierte der 1. FC Kaiserslautern im Max-Morlock-Stadion. Das Ergebnis werden die meisten über die üblichen Wege bereits erfahren haben. Nach der anstehenden Länderspielpause reisen die Rot-Schwarzen nach Paderborn.
VAK-P Enschede
Aktuelle Lage
Im Heimspiel gegen Lazio Rom kassierte der FCT die erste Niederlage der diesjährigen Europa League Saison. Nachdem Unnerstall bereits nach zehn Minuten den roten Karton sah, war für die Tukker nichts mehr zu holen. Mit einem 2:0 Sieg fuhren die Italiener letztendlich nach Hause.
In der Liga konnte Twente besser abschneiden. Mit zwei Siegen wurde die volle Ausbeute seit der letzten Ausgabe geholt. Zuerst wurde das Derby gegen Heracles Almelo mit 5:0 gewonnen, dann schlug man Willem II Tilburg mit 1:0 in der Ferne.
Die nächsten Gegner der Tukker sind zuerst Nizza, dann Ajax Amsterdam und Fortuna Sittard.
Sehr kurzfristig erreichte unsere Brüder jetzt die Nachricht, dass beim Heimspiel gegen Union Saint-Gilloise der Unterrang von VAK-P leer bleiben muss. Als Grund für diese Entscheidung nennt die Uefa rassistische Beleidigungen während des Spiels gegen Lazio. Lazio Spieler Tchaouna gab nach der Partie an, dass er von Twente Fans rassistisch beleidigt worden ist und sich daher kurz vor Schluss hat auswechseln lassen. Dass aufgrund dieses Vorfalls eine ganze Tribüne gesperrt wird, war natürlich sehr überraschend. Unsere Freunde sind im Namen von VAK-P in Kontakt mit ihrem Verein FC Twente um die Situation aufzuarbeiten, auch wenn die angeblichen Beleidigungen wohl aus Richtung Haupttribüne gekommen sind. Sollte es hier im Nachgang noch Infos geben, erfahrt ihr dies in der nächsten Ausgabe.
Komiti Skopje
Aktuelle Lage
Es gibt leider weiterhin traurige Parallelen zwischen Vardar und Schalke. Zwar erzielte man durch das torlose Heimspiel gegen Rabotnicki einen überraschenden Punkt. Darauf folgten allerdings zwei Niederlagen, sodass der FK Vardar nun am Tabellenende der ersten Liga steht. Immerhin konnte man im Pokal eine kleine Überraschung schaffen und Titelverteidiger Tikvesh mit 2:0 aus dem Wettbewerb kegeln, wodurch Vardar nun im Viertelfinale steht.
Zumindest Komiti hält für den mazedonischen Rekordmeister jedoch weiterhin die Fahne hoch. Trotz der unverständlichen und unsinnigen Anstoßzeiten an einem Mittwoch um 13 Uhr, findet sich stets ein supportwilliger Haufen in der Kurve des Nationalstadions ein, um die Rot-Schwarzen akustisch wie optisch zu unterstützen. Vergangene Woche fand dann das langersehnte Derby auswärts in Bitola statt. Komiti durfte tatsächlich dorthin anreisen und kam auch wirklich ins Stadion. Durch den Freitagstermin von Schalke in Ulm machten sich auch einige Blau-Weiße mit auf den Weg. Im nächsten Blauen Brief dürft ihr euch somit auf einen typisch chaotischen Reisebericht freuen.
Curva Sud Siberiano
Aktuelle Lage
In der letzten Ausgabe haben wir euch von den drei Ultras aus Foggia berichtet, die auf dem Rückweg von ihrem Auswärtsspiel in Potenza tödlich verunglückt sind. Diese Katastrophe hat die Fußballwelt auch noch Tage danach beschäftigt und so war es den Eltern der teilweise minderjährigen Jungs und auch den Ultras von Foggia eine Herzensangelegenheit, dass in den Stadien Italiens eine Schweigeminute eingelegt wird. Zum Entsetzen aller lehnte die italienische Fußballliga dies aber ab. Als wäre das nicht schon Schande genug, macht man sich komplett lächerlich mit dem Fakt, dass nur wenige Tage zuvor der Präsident vom italienischen Golfverband verstorben ist, für den wiederum eine Schweigeminute angeordnet wurde. Mit großer Bestürzung hat sich der Vater eines der Verstorbenen in den Medien dazu geäußert und fragte zurecht: “Ist das Leben meines Sohnes weniger wert gewesen?”.
Diese Situation griffen am folgenden Spieltag viele Kurven in Italien auf und so war auch beim Auswärtsspiel von Salerno in Cremona ein Spruchband im Gästeblock zu lesen: “13.10.2024 -der Tod ist nicht für alle gleich”.
Das Spiel gegen Cremona verlor Granata mit 2:1, beim Heimspiel gegen Cesena konnte in Unterzahl noch ein Punkt beim 1:1 gerettet werden. Das Spiel in Cosenza am vergangenen Wochenende wurde in typisch italienischer Manier wenige Tage vor der Partie von Samstag auf Sonntag verschoben mit der Begründung, es könne nicht die öffentliche Ordnung garantiert werden. Was auch immer das zu bedeuten hat, auch die Gästetickets wurden um rund 50 Prozent gekürzt und so konnten nur 800 Salernitani die Reise in das 250 Kilometer entfernte Cosenza Richtung Süden antreten. Leider war auch dieses Spiel für unsere Freunde nicht von Erfolg gekrönt und so musste man die Heimreise mit einem Punkt nach einem 1:1 Unentschieden antreten.
Heute steht das Heimspiel gegen die Freunde aus Bari auf dem Programm. Auch wenn man seinem Freund nichts Schlechtes wünscht, sollten die drei Punkte unbedingt in Salerno bleiben, um den Anschluss in der Tabelle nicht zu verlieren.
Die kartellrechtliche Debatte um die 50+1-Regel
Die folgenden Zeilen mögen für den ein oder anderen eine trockene Materie behandeln, die aber für vieles, wofür wir als Fußballfans stehen, umso essenzieller ist. Denn: 50+1 ist für viele Fußballromantiker und Traditionalisten bis heute die letzte Festung vor der endgültigen Abkehr des professionellen deutschen Ligafußballs von seiner „Basis“. Doch bereits seit Jahren kämpft diese Festung um ihr Überleben – angekratzt von den zahlreichen Bemühungen finanzstarker Investoren und sonstiger Unruhestifter, sie zu Fall zu bringen.
Auch wenn 50+1 eigentlich jedem Leser dieses Heftes bekannt sein sollte, nochmal die Kurzfassung: Nach der Satzung des DFL e.V. können nur rechtlich unabhängige Vereine oder Kapitalgesellschaften mit einer Mindestbeteiligung eines rechtlich unabhängigen Vereins von 50 Prozent plus einem weiteren Stimmenanteil eine Lizenz für die Lizenzligen erwerben.
Der Ursprung
Das europäische Kartellrecht ist recht rigoros, wenn es um den Erhalt eines freien Marktes geht. So dürfen auf dem Markt tätige Unternehmen ihre Wettbewerber und Marktteilnehmer nicht in deren wirtschaftlichen Bemühungen beschränken. Das gilt umso mehr für sogenannte marktbeherrschende Unternehmen. Die DFL wird jedoch im Zusammenhang mit der 50+1-Regel kritisiert, da sie als Organisator der 1. und 2. Bundesliga und als Dachverband aller Vereine, Unternehmen mit mehrheitlichem Kapitalgesellschafter-Einfluss am Erwerb der Lizenz für den deutschen Profifußball hindern würde. Nur wenn eine sogenannte Förderausnahme (über 20 Jahre kontinuierliche Vereinsförderung) vorliegt, ist dies möglich.
Die Ausnahme
Das europäische Kartellrecht erlaubt es aber ausnahmsweise, den Wettbewerb wie oben beschrieben zu beschränken, wenn diese Beschränkung eine legitime Zielsetzung verfolgt und zur Erreichung dieser geeignet ist. So soll 50+1 nach Angaben der DFL die sportlichen Interessen der Vereine und ihrer Mitglieder gegenüber den wirtschaftlichen Interessen der Investoren stärken sowie Ausgliederungen der Profimannschaften innerhalb der Liga so wettbewerbsneutral wie möglich halten. Zumindest beim letzten Punkt ist jedoch durch die freie Handbhabung bei der Höhe von Sponsorendeals und die jahrelange ungleiche Verteilung von TV-Geldern (ungeachtet der Gelder einiger weniger Vereine aus den internationalen Wettbewerben) scheinbar uneinholbar abgefahren.
Tätigwerden des Bundeskartellamts
Angetrieben von dem äußeren Druck hat die DFL selbst im Jahr 2018 erstmals das Bundeskartellamt um eine rechtliche Einschätzung von 50+1 gebeten. Die erhoffte Antwort 2021: Die Grundregel von 50+1 ist jedenfalls „kartellrechtsneutral“. Problem sei vielmehr die Förderausnahme der DFL, von der derzeit Bayer Leverkusen, VfL Wolfsburg und TSG Hoffenheim Gebrauch machen. Zitat Kartellamt: „Durch die Gewährung der Förderausnahme wird in den betroffenen Klubs der beherrschende Einfluss des Muttervereins ausgeschaltet und damit das sportliche Geschehen von der Vereinsprägung abgekoppelt. Vereinsgeprägter Fußball und Ausgeglichenheit des Wettbewerbs sind so nicht mehr einheitlich gegenüber sämtlichen Klubs gesichert. Dies hat auch einen Wettbewerbsnachteil für die von der Ausnahme nicht profitierenden Klubs zur Folge.“
Weitere Kritik
Aber auch die Grundregel von 50+1 steht kartellrechtlich in der Kritik. Welchen Einfluss haben die Mitglieder des Muttervereins bei den Kapitalgesellschaften überhaupt? Ist die 50+1-Grundregel zur Erreichung ihrer Ziele geeignet, wenn sie Umgehungskonstrukte wie bei RB Leipzig oder faktische Abhängigkeiten von Investoren, insbesondere solcher, die eine Kapitalmehrheit halten, nicht verhindern kann (oder will)? Außerdem könnte ein Anteilseigner von zwischen 25 und 50 Prozent sowohl in der GmbH als auch in der AG Entscheidungen des Muttervereins faktisch sperren, womit dessen aktive Gestaltung sowieso Grenzen erfährt. Bedingt durch die undurchsichtige Mitgliederverwaltung in Leipzig Lindenau und den Alleingang des Hannoveraner Ex-Mäzens Martin Kind bei der Abstimmung über einen Investoreneinstieg bei der DFL rollt das Kartellamt die 50+1-Frage derzeit neu auf, wodurch mit einer (mehr oder weniger zeitigen) Entscheidung zu rechnen ist. Das Kartellamt betont, dass ausschließlich aus anerkennenswerten sozial-ethischen Gründen wie etwa der Vereinsprägung (d.h. Beteiligung der allgemeinen Öffentlichkeit am Profifußball durch eine Vereinsmitgliedschaft) eine Ausnahme vom Kartellrecht in Anspruch genommen werden könnte, wofür untersucht werden muss, ob die DFL diesem Maßstab in der Vergangenheit durchgängig gerecht geworden ist.
Aufgabe der DFL
Durch die dürftigen Erklärungsversuche für „legitime Ziele“ und die Einführung der Förderausnahme hat sich die DFL also ordentlich ins eigene Bein geschossen. Sie gefährdet die Integrität des fußballerischen Gesamtwettbewerbs durch den drohenden Vollverlust von 50+1 „zugunsten des Wettbewerbs“, aber letztlich zulasten der Mitglieder, die auch in Zukunft an den wesentlichen Entscheidungen ihres Vereins mitwirken wollen. Erwarten dürfte man von der DFL nun das Aufzeigen dessen, dass 50+1 tatsächlich legitime Ziele effektiv fördern kann und dies auch in der Praxis tut. Dass man in Frankfurt am Main bei diesen Bemühungen bislang wenig Einfallsreichtum hatte, hat die Vergangenheit gezeigt. Anders ist es wohl nicht zu erklären, dass die DFL nach der letzten Backpfeife des Bundeskartellamts Mitte 2024 von einer positiven Rückmeldung hinsichtlich nahender Rechtssicherheit spricht. Wie diese Rechtssicherheit letzten Endes konkret aussieht, scheint der DFL mittlerweile wohl einfach nur noch scheißegal zu sein. Wünschenswert wäre jedenfalls ein klares Bekenntnis an die Fans. Geht es der DFL um die Profilierung einiger deutscher Vereine (allen voran Bayern München) stellvertretend für die gesamte Bundesliga im europäischen Vergleich? Oder ist ihr tatsächlich an dem Schutz und der Stärkung der sportlichen Integrität des Gesamtwettbewerbs in Deutschland gelegen, sodass ein offenes Rennen um Meisterschaft, Europa und Auf- beziehungsweise Abstieg bestehen kann? Denn eins ist klar: Verarschen können wir uns immer noch am besten selbst.
Von Angesicht zu Angesicht
Was für eine Pointe soll dieser elendig lange Text nun haben, außer dass die DFL sich treu bleibend mal wieder kurz davor steht, mit dem Arsch einzureißen, was jahrelang aufgebaut wurde? Vielleicht nicht mehr als ein Appell. Wir beim FC Gelsenkirchen-Schalke 04 e.V. haben es gut (wer hätte gedacht, dass diesen Satz nochmal jemand im Jahr 2024 droppt?!). Als einer von nur noch elf eingetragenen Vereinen in den ersten beiden Ligen können wir der 50+1-Regel getrost “Hallo und Tschüss” sagen. Damit das so bleibt und wir – die mündigen Mitglieder – weiterhin die wichtigen Entscheidungen im Verein treffen können und uns nicht zur Marionette irgendeines dahergelaufenen Investors machen müssen, der den Verein im Größenwahn der Liquidierung seines Investments vollends gegen die Wand fährt, haben wir neben den 34 Ligaspielen und dem mindestens einen Pokalspiel pro Saison genau einen Pflichttermin: die Jahreshauptversammlung.
Also bleibt mündig, kriegt am 16. November euren Arsch hoch und leistet euren Beitrag!
Aachen: Der interne Konflikt zwischen der Aachener Yellow Connection und der Vereinsführung hat am 31. Oktober seinen Höhepunkt in der Auflösung der Ultragruppe gefunden. Nach eigenen Angaben sieht sich die vor zehn Jahren gegründete YC unter den aktuellen Umständen nicht mehr in der Lage, zukünftig zielführend zu handeln und weiterzubestehen.
Buenos Aires/Mineiro: Für das Halbfinal-Hinspiel im Copa Libertadores am 23. Oktober kündigte die Torcida des brasilianischen Vereins Atletico Mineiro an, ein Intro aus 30.000 Fackeln zum Einlaufen der Mannschaften zu zeigen. Das machte zwar viel her, jedoch gingen vor allem die Bilder aus dem Rückspiel im El Monumental um die Welt, in der die Barra des argentinischen Hauptstadtklubs River Plate das ganze Spektakel überbot. Als Reaktion auf die Pyroshow sprach die “City of Buenos Aires’ Government Control Agency” bis auf Weiteres eine Schließung des Stadions aus, wobei noch unklar ist, ob dieses auch für den Spielbetrieb an sich gilt.
São Paulo: Bei einem Angriff von der Torcida Fanáti Cruz von Cruzeiro Belo Horizonte auf Mancha Verde von Palmeiras São Paulo verbrannte ein Mitglied der Palmeiras Torcida. Laut brasilianischen Medienberichten trafen die beiden Fangruppen in der kleinen Gemeinde Maripora, die in der Nähe von São Paulo liegt, aufeinander. Die Fans von Belo Horizonte baten die Feinde zum Kampf, setzten dabei jedoch einen Bus in Brand, was letztlich für die Katastrophe verantwortlich gewesen sein soll.
Berlin: Am 19. Oktober wurden die Fans von Tennis Borussia Berlin von einer Fan-Initiative des SV Lichtenberg 47 zu einer politischen Gedenkveranstaltung in den Gästeblock des Hans-Zoschke Stadions eingeladen. Während der Veranstaltung versuchte der Ordnungsdienst, eine antifaschistische Fahne vom Zaun zu reißen, stürmte deshalb in den Gästeblock, in dem die TeBe-Anhänger ihren Fetzen verteidigten. Beim Verlassen des Stadions kam es dann zu einem Polizeieinsatz gegen die Fans, da ein Ordner Anzeige erstattete. Der Ordnungsdienstleiter von Lichtenberg stand einem Dialog nicht zur Verfügung.
Karlsruhe: Bereits vor einiger Zeit berichteten wir über die Vorfälle bei der KSC-Choreo im November 2022, bei der 10 Menschen leicht verletzt wurden. In den darauf folgenden polizeilichen Ermittlungen wurden unter anderem Mitarbeiter des Fanprojekts vom KSC vorgeladen. Diese verweigerten unter Verweis auf die Vertraulichkeit zwischen Sozialarbeit und Adressaten die Aussage und wurden nun im Nachgang zu Geldstrafen von jeweils 90 Tagessätzen verurteilt. Auch eine Schließung des Fanprojekts ist eine mögliche weitere Konsequenz. In der folge solidarisierten sich viele Fankurven in Deutschland mit dem Fanprojekt und fordern ein Zeugnisverweigerungsrecht für Sozialarbeiter.