Fragebogen AR-Kandidat Sven Kirstein

Bitte stelle dich kurz vor

Mein Name ist Sven Kirstein, 35 Jahre alt, geboren und aufgewachsen in Gelsenkirchen. Ich lebe noch heute in meiner Heimat und bin aktives Mitglied der Schalker Fanszene. Meinen beruflichen Werdegang habe ich vor fast 20 Jahren mit einer Bankausbildung vor Ort begonnen. Parallel habe ich Management studiert. Mittlerweile berate und begleite ich Genossenschaftsbanken im strategischen Bereich als Mitarbeiter der genossenschaftlichen Zentralbank.

Seit wann und wie regelmäßig besuchst du die Spiele des FC Schalke 04? Seit wann bist du Vereinsmitglied und was hat dich damals dazu bewogen?

Als Kind haben mich meine Eltern bereits mit ins Parkstadion genommen. In meiner Jugendzeit folgten erste Auswärtsfahrten, über 15 Jahre lang bin ich anschließend als Allesfahrer zu jedem Spiel unseres Clubs gereist. Heimspiele besuche ich auch heute alle und auswärts aufgrund beruflicher Verpflichtungen das, was möglich ist. Mitglied bin ich 2003 geworden um so bereits als Jugendlicher meine enge Verbindung mit unserem Verein zu zeigen, ich wollte mehr als „nur“ Fan sein. Für mich haben die demokratischen Werte der Mitgliedschaft einen sehr hohen Stellenwert.

Was hat dich dazu bewogen, für den Aufsichtsrat des FC Schalke 04 zu kandidieren? Was qualifiziert dich persönlich für die Arbeit im Aufsichtsrat? Warum sollten die Mitglieder dir ihre Stimme geben?

In der aktuell schwierigen Situation habe ich mich hinterfragt, welche Attribute, Kenntnisse und Erfahrungen ich einbringen kann, um den Verein wieder in bessere Zeiten zu führen. Mich zeichnen strategisches Denken, eine ausgeprägte Analysefähigkeit, klare Kommunikation, Diskretion und Willensstärke aus. Dabei blicke ich auf das große Ganze und lasse mich nicht von einzelnen, kurzfristigen Erfolgen leiten. An vielen dieser Dinge hat es in meinen Augen zu oft im Verein gefehlt! Zudem bin ich mit allen Facetten des Banken- und Kapitalmarktes vertraut. Im Aufsichtsrat unseres Vereins sehe ich genau diese Kompetenzen als wichtig an. Ich bringe ebenso meine Leidenschaft für den FC Schalke 04 sowie die Kenntnis der Strukturen im Verein und seiner Fanszene ein.

Die Kombination aus Fachwissen, zielgerichtetem Vorgehen und Verwurzelung in der Fanszene macht mich zu einem wertvollen Teamplayer im Aufsichtsrat.

Welche konkreten Ziele hast du, wenn du in den Aufsichtsrat gewählt wirst? Was sind für dich die großen Herausforderungen in den kommenden Jahren?

In einem ersten Schritt möchte ich dazu beitragen, dass der Verein stabilisiert wird. Im Anschluss daran brauchen wir aus meiner Sicht eine langfristige Strategie, die unabhängig von den führenden Personen ist. Die gemeinsame Entwicklung der Strategie ist für mich der wichtigste Baustein auf dem Weg in die Zukunft. Als Eckpfeiler sehe ich die Bereiche „sportliche Entwicklung“, „Mitglieder, Fans, Mitarbeiter & Sponsoren“, „Finanzen“, „Soziales“ aus unserem Leitbild und den wichtigen Bereich der „Kommunikation“. In diesen Teilbereichen brauchen wir klare Ziele, was uns erfolgreich macht und wie wir dies messen.

In den letzten Jahren sind im Verein viele Fehler passiert. Um eine Verbesserung zu erzielen, möchte ich eine offene Fehlerkultur etablieren. Fehler geschehen, aber der Kern auf dem Weg nach vorn liegt darin, diese anzuerkennen und daraus zu lernen. So kann es uns gelingen, grobe Verfehlungen in der Zukunft zu vermeiden.

Als größte Herausforderung gilt es nun Schalke 04 zu stabilisieren. Anschließend ist es mein Ziel mit dem von mir beschriebenen Plan und wirtschaftlicher Vernunft wieder in die erste Liga aufzusteigen. Mit kleinen Schritten und finanzieller Konsolidierung möchte ich dann wirtschaftlich gesund wieder das obere Drittel der Tabelle anpeilen. Dieser Weg wird aus meinem Blickwinkel aber Zeit und Geduld brauchen.

Was sind aus deiner Sicht die Gründe für die schwierige finanzielle Situation und die negative sportliche Entwicklung? Welche konkreten Maßnahmen sind aus deiner Sicht zu ergreifen, um den Verein zukünftig wieder erfolgreich und krisensicher aufzustellen?

Ich möchte zunächst festhalten, dass ich als aktiver Fan und Mitglied mir insgesamt ein gutes Bild machen kann, der wichtige Blick von „innen“ aber natürlich fehlt. Daher nehme ich meine Bewertung nach meinem Kenntnisstand von „außen“ vor.

Grundsätzlich mangelte es uns an einer klaren Strategie, die konsequent umgesetzt wurde. Der kurzfristige sportliche Erfolg, koste es, was es wolle, stand stets im Mittelpunkt. Hieraus ergab sich ein finanzieller Exzess. Mit dem Geld von morgen sollte heute der Erfolg eingekauft werden. Wie auch im Privaten sind die Risiken eines solchen Vorgehens für den Verein erheblich und letztendlich beim Ausbleiben des Erfolgs schlagend geworden. Ich sehe ebenfalls Probleme in der Verzahnung der einzelnen Vorstandsbereiche und Abteilungen. Hinzu kommt eine schlechte Kommunikation.

Als wichtigste Gesamtmaßnahme brauchen wir die von mir beschriebene Strategie, aus der sich vieles ableiten wird. Es kommt hierbei auf wirtschaftliche Stabilität, Unabhängigkeit vom kurzfristigen sportlichen Erfolg, Konstanz und gute Kommunikation an. Ich habe sicher viele Ideen, konkretere Handlungsempfehlungen möchte ich aber erst nennen, wenn der Blick von „innen“ gegeben ist. Einzelmaßnahmen ohne Analyse und Details zu benennen halte ich für wenig seriös.

Wie definierst du die Aufgaben des Aufsichtsrats? Wie sieht eine gute Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsrat und Vorstand aus?

Der Vorstand führt die operativen Geschäfte des Vereins und trifft dabei die notwendigen Entscheidungen. Der Aufsichtsrat hingegen übt gegenüber dem Vorstand eine notwendige Kontrollfunktion aus. Ebenso obliegt dem Aufsichtsrat die Bestellung des Vorstandes, so dass ihm allein hierdurch eine wichtige Rolle zukommt.

In seiner Funktion als oberstes gewähltes Gremium des Vereins ist der Aufsichtsrat ebenso mit verantwortlich für die strategischen Weichenstellungen. Ich bin davon überzeugt, dass das Treffen strategischer Entscheidungen nur im guten Austausch zwischen Aufsichtsrat und Vorstand Sinn ergibt. Der Vorstand gibt aus seinem operativen Blick Handlungsempfehlungen, die der Aufsichtsrat kritisch prüft und bei seiner Entscheidungsfindung einbezieht. Dies ist mit der Genehmigung z.B. von Grundstücksgeschäften, Darlehn und sonstigen Geschäften über 500.000,- € durch den Aufsichtsrat in der Satzung geregelt.

Ist eine strategische Entscheidung getroffen, obliegt es dem Vorstand sie umzusetzen. Der Aufsichtsrat greift hier in keinem Falle ein. Ist erkennbar, dass der Vorstand mit der Umsetzung im operativen Geschäft dauerhaft kein gutes Ergebnis erzielt, kann der Aufsichtsrat jederzeit vom Vorstand um Unterstützung im Sinne eines Gedankenaustauschs gebeten werden. Alle operativen Entscheidungen verbleiben dabei beim Vorstand. In letzter Konsequenz kann der Aufsichtsrat durch Ab- und Neubestellung eines Vorstandsmitglieds für das Erreichen der Ziele des Vereins Sorge tragen.

Wie bewertest du die aktuelle Zusammensetzung des Aufsichtsrats (Anzahl der Personen, Kooptationsmöglichkeiten etc.)? 

Im Rahmen der demokratischen Prozesse in unserem Verein ist für mich der wichtigste Punkt, dass die Mehrheit im Aufsichtsrat von den gewählten Vertretern der Mitglieder stammt. Dies ist mit sechs Mitgliedern gegeben.

Die Entsendung eines Fanvertreters halte ich für richtig, um diesen Blickwinkel in Entscheidungen mit einzubeziehen. Hier kann ich mir allerdings eine Diskussion zur Veränderung des Entsendungsprozesses vorstellen, um eine breitere Fanbasis im Aufsichtsrat vertreten zu haben. Um die Belange der weiteren sportlichen Abteilungen im Verein aufzunehmen macht auch der hieraus entsandte Vertreter Sinn. In meinen Augen sollte es sich bei den berücksichtigten Abteilungen um sportlich aktive Bereiche handeln und nicht um nur auf dem Papier existierende Sportbereiche.

Mit der Möglichkeit der Kooptation können wir fehlende Kompetenz in den Aufsichtsrat holen. Dies hilft uns z.B. im sportlichen Bereich. Ich erachte dies für sinnvoll, wenn es notwendig ist. Ich wünsche mir für die Zukunft, dass wir von der Kooptationsmöglichkeit wirklich nur dann Gebrauch machen und dabei auch nicht immer alle drei Plätze besetzen. Die Prüfung durch den Wahlausschuss ist in der Satzung verankert und sollte beibehalten werden.

Zusammengefasst sehe ich keine dringende Notwendigkeit einer generellen Veränderung in der Anzahl der Aufsichtsratmitglieder. Die Punkte zur Verbesserung habe ich aufgezählt. 11 Aufsichtsratmitglieder bei einem vielschichtigen Verein mit 160.000 Mitgliedern und viel Verantwortung halte ich für weiterhin zeitgemäß. Eine hierdurch verschlechterte Diskussion und Entscheidungsfindung ergibt sich daraus nicht. Vielmehr ist es eine Anforderung an die Aufsichtsratmitglieder, strukturiert, klar und effizient zusammenzuarbeiten.

Wie beurteilst du die Satzung des FC Schalke 04? Wie stehst du dazu, dass in der Vergangenheit von Mitgliedern gestellte Satzungsänderungsanträge aus inhaltlichen Gründen abgelehnt und nicht zur JHV zugelassen wurden?

Unsere Satzung setzt für unseren Verein, alle Mitglieder und Gremien feste Regeln und ist in diesem Sinne unsere „Verfassung“. Als höchstes Gut ist sie allein von den Mitgliedern bestimmt. Änderungen bedürfen einer 2/3 Mehrheit, was vor vorschnellen Änderungen schützt. Dies halte ich für richtig. In meinen Augen ist es aber sicher zu hinterfragen, wie die Diskussion und Abstimmung zu von Mitgliedern gewünschten Änderungen geführt wird. In den letzten Jahren sind viele Satzungsänderungsanträge seitens des Aufsichtsrat gar nicht erst zur Wahl und Diskussion gestellt worden, vornehmlich aus inhaltlichen Gründen.

Ich wünsche mir für die Zukunft mehr Offenheit über die Inhalte auf der Mitgliederversammlung zu sprechen. Satzungsänderungsanträge sollten nur dann im Vorfeld abgelehnt werden, wenn sie formal falsch sind oder der Inhalt völlig an den Schalker Werten aus dem Leitbild vorbei geht. Ich stehe dafür, dass die Ablehnung durch den Aufsichtsrat eher die Ausnahme als die Regel sein sollte.

Wie stehst du zur Rechtsform des eingetragenen Vereins beim FC Schalke 04?

Ich habe hierzu einen klaren Standpunkt. Wir Schalker entscheiden und leiten unseren Verein demokratisch. Unsere große Stärke ist die Kraft der Gemeinschaft. Ich lebe diese Werte jeden Tag, auch im beruflichen Bankenumfeld als Genossenschaftsbanker. Auch hier entscheidet nicht das Kapital, sondern die Mitglieder. Mit der richtigen Strategie werden wir als eingetragener Verein erfolgreich sein. Vielleicht ginge es mit großen Kapitalgebern schneller, dies ist für mich aber nicht entscheidend. Wichtig ist, dass wir Mitglieder jederzeit mit unserer Stimme für unseren Verein entscheiden. Hierfür nehme ich gerne einen schwierigeren und längeren Weg auf mich. Ich bin gerne bereit alternative Modelle mit euch abzuwägen. In diese Diskussion werde ich meine tiefe Überzeugung für den e.V. einbringen.

Wie sollte das Zusammenspiel zwischen Verein und Fans aussehen? Welche Verbesserungen sind möglich?

Nur mit der Kraft aller Mitglieder werden wir erfolgreich sein. Daher muss der Verein deutlich transparenter und offener kommunizieren. Ebenso gilt es die Stärken der vielen Mitglieder zu nutzen.

Ich halte es für wichtig zu verschiedenen Themenkomplexen Meinungsbilder einzuholen und diese in die Entscheidungen mit einfließen zu lassen. In dem von mir angedachten Strategieprozess müssen die Gremien regelmäßig über den Fortschritt informieren. Hinzu kommt, dass wir einen häufigeren und ehrlichen Austausch brauchen. Es macht für mich einen riesigen Unterschied, ob ich nur Betroffener oder eher Beteiligter bei Veränderungen bin. Unser Ziel muss es sein, dass sich alle Mitglieder und Fans mitgenommen fühlen. Unter Berücksichtigung der Verschwiegenheit und Diskretion hilft sicher auch ein enger Kontakt von Gremienmitgliedern mit der Fanbasis.


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