Fragebogen AR-Kandidat Rolf Haselhorst

Bitte stelle dich kurz vor

Rolf Haselhorst, geboren am 7.7.1958 in Gelsenkirchen, drei erwachsene Kinder, Schalker in dritter und Bergmann in vierter Generation.
Ich habe unter Tage als Bergmann gearbeitet, Bergbau studiert und war zum Ende meiner beruflichen Laufbahn Leiter des Standortmanagements der BASF für alle europäischen Standorte.

Aus Interesse am Fußball studiere ich seit Mitte 2020 Sportmanagement an der Universität in St. Gallen. Im Rahmen des Studiums habe ich eine Abschlussarbeit zur Markenentwicklung des FC Schalke 04 (Arbeitstitel „ Setzt den Fans ein Denkmal“) erstellt.

Seit wann und wie regelmäßig besuchst du die Spiele des FC Schalke 04? Seit wann bist du Vereinsmitglied und was hat dich damals dazu bewogen?

Meine erste Saison mit Besuch aller Heimspiele fand noch in der Glückauf-Kampfbahn 1971/72 mit Vizemeisterschaft und Pokalsieg statt. Von da an habe ich alle Heimspiele in der Parkstadion-Ära besucht. Beruflich bedingt konnte ich in der Veltins-Arena nicht bei allen Heimspielen anwesend sein, nutze aber so oft es geht die Dauerkarten unserer Familie.

Eingetreten bin ich 2004, als wir in der Familie entschieden, unsere lebenslange Verbundenheit zu Schalke 04 durch Mitgliedschaft und Namenszug auf der 1000-Freunde-Mauer zu dokumentieren.

Was hat dich dazu bewogen, für den Aufsichtsrat des FC Schalke 04 zu kandidieren? Was qualifiziert dich persönlich für die Arbeit im Aufsichtsrat? Warum sollten die Mitglieder dir ihre Stimme geben?

Schalke 04 hat mir über 50 Jahre viel gegeben und war stets mein Begleiter durch alle Lebenslagen. Als in Gelsenkirchen geborener Bergmann kenne ich die Stadt und den Verein mit seinen Menschen und kann deren Gefühlslage gerade in der jetzigen Situation des Vereins sehr gut nachvollziehen.

In meiner beruflichen Laufbahn bei der BASF habe ich als Leiter des Managements größerer Industriestandorte umfangreiches Wissen in den Bereichen Personal- und Kostenmanagement, Öffentlichkeitsarbeit und Unternehmensentwicklung sammeln können. Als ehemaliger Aufsichtsratsvorsitzender besitze ich Erfahrungen in der Führung von Firmenorganisationen und verfüge über ein weitreichendes Netzwerk von Kontakten in der Industrie. Darüber hinaus konnte ich im Rahmen meines Sportmanagementstudiums speziell in den Themen Fußball-Marketing, -Sponsoring und -Vereinsorganisation mein Know-How erweitern und auch im Sport bzw. Fußball Kontakte zu vielen Experten aufbauen. Im Rahmen des Studiums habe ich den Verein aus verschiedenen neuen Perspektiven kennengelernt und bin sicher, dass in einigen Bereichen Handlungsbedarf aktuell besteht. Diese Problemstellungen und die jetzige Situation des Vereins haben mich veranlasst, mich für Schalke 04 einzubringen und für eine nachhaltige „Verbesserung des Vereins“ einzusetzen.

In der Zusammenarbeit der Vereinsgremien sind mir eine konstruktive und vertrauliche Kooperation sowie das Anstoßen von Weiterentwicklungen sehr wichtig. Daneben haben für mich die Mitglieder und ihre Belange Priorität, da sie in ihrer Verbundenheit zu Schalke 04 die eigentliche Stärke und das Alleinstellungsmerkmal des Vereins darstellen.

Welche konkreten Ziele hast du, wenn du in den Aufsichtsrat gewählt wirst? Was sind für dich die großen Herausforderungen in den kommenden Jahren?

Aktuell haben auch im Aufsichtsrat Themen wie die sportliche Ausrichtung in der 2. Liga und die wirtschaftliche Konsolidierung Priorität. Sollten mich die Mitglieder in den Aufsichtsrat wählen, würde ich darüber hinaus zu Beginn meiner Amtszeit zwei Schwerpunkte wählen:

  1. Ich halte es für immens wichtig kurz-, mittel- und langfristige Ziele einschließlich einer Strategie zur Erreichung dieser Ziele für Schalke 04 festzugegen. Themen dieser Strategie wären die sportliche Ausrichtung, die wirtschaftliche Entwicklung, die Investitionen in die Infrastruktur (Projekt Berger Feld) bis hin zur Auswahl von Sponsoren. Wenn wir klar festigen, wo wir in welcher Zeit stehen wollen, können wir den Verein immer wieder danach ausrichten und kostspielige Richtungswechsel vermeiden. Diese klare Orientierung fehlt mir derzeit im Verein. Wichtig ist es dabei Fans und Mitglieder auf diese „Reise“ mitzunehmenden, Ziele darzulegen, Zwischenergebnisse zu diskutieren und für alle nachvollziehbar einen Weg zu beschreiten mit dem sich Schalker identifizieren können.
  2. Wir müssen Schalke auch zukunftsfähig machen für die Trends und Entwicklungen der nächsten Jahre. Ich sehe eine Aufgabe darin, die Zukunftstrends Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Mitbestimmung im Verein umzusetzen. Im Bereich Nachhaltigkeit haben wir insbesondere soziale Aktivitäten bisher in den Mittelpunkt gestellt. Umweltschutzmaßnahmen müssen verstärkt angegangen werden, da diese auch als Maßstab der Vereinsbewertung und Lizenzierung durch die DFL dienen werden. Am Herzen liegt mir die Mitbestimmung im Verein. Ich denke wir können hier durch Einbeziehung der Mitglieder erreichen, dass deren Verbundenheit zu Schalke 04 noch enger wird, gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Situation mit Geisterspielen und dem Abstieg in die 2. Liga. Ansatzpunkte gibt es dazu genug: Warum sollten nicht die Fans vor der Saison das Heim- und Auswärtstrikot mit gestalten?

Was sind aus deiner Sicht die Gründe für die schwierige finanzielle Situation und die negative sportliche Entwicklung? Welche konkreten Maßnahmen sind aus deiner Sicht zu ergreifen, um den Verein zukünftig wieder erfolgreich und krisensicher aufzustellen?

Die schwierige finanzielle Situation ist im Wesentlichen auf die Investitionen in Spielertransfers seit 2016 (Gesamtinvestitionssumme weit über 100 Mio. EURO), ausgebliebene Einahmen in europäischen Wettbewerben und die Rahmenbedingungen der Corona-Pandemie zurückzuführen. Im Finanzbereich muß zukünftig eine Ausrichtung der Ausgaben an den Einnahmen erfolgen. Ein wirtschaftliches Konzept, das als „Wette auf die Zukunft“ Erlöse aufgrund zukünftig möglicher Erfolge voraussetzt, ist nicht zulässig. Zur Kompensation von abstiegs- und coronabedingten Einnahmeausfällen, sind aus meiner Sicht Gehaltsbudgets anzupassen und Vereinsstrukturen zu hinterfragen. Der Vorstand hat dies bereits eingeleitet bzw. Änderungen angestoßen. Wir müssen jetzt konsequent diesen beschwerlichen Weg weitergehen. Dazu zählen auch Investitionen, wie die Projekte auf dem Berger Feld, die allein daran ausgerichtet werden müssen, allen Mannschaften einen geordneten Spiel- und Trainingsbetrieb zu ermöglichen. Übrige Investitionen in z.B. Verwaltungsgebäude müssen unterbleiben. Die Weiterentwicklung von Spielern, basierend auf der Knappenschmiede und einem optimierten Scouting, wird mittelfristig die wesentliche Möglichkeit darstellen, bestehende Verbindlichkeiten abzubauen.

Unabhängig von der Notwendigkeit zusätzliche Einahmen zu erzielen, halte ich die Entscheidung, die Kartenpreise zur Saison 2021/22 zu reduzieren, für absolut richtig. Dass insbesondere vor dem Hintergrund der finanziellen Folgen der Pandemie für viele Fans und Mitglieder. Schalke muß für alle Schalker erlebbar sein!

Im sportlichen Bereich fehlte Schalke 04 bisher eine eindeutige und nachhaltige Spielphilosophie, die für den Verein typisch war. Häufige Trainer- und Managerwechsel hatten zumeist auch eine Änderung der fußballerischen Ausrichtung zur Folge. Diese für alle Mannschaften des Vereins geltende einheitliche Spielphilosophie ist dringend erforderlich und muß als Anforderungsprofil für die Auswahl von Spielern und sportlichem Führungspersonal gelten. Schalke 04 stand in seinen erfolgreichsten Jahren für ein klar erkennbares fußballerisches Konzept wie z.B. den „Schalker Kreisel“ oder den „Die Null muß stehen“ – Ansatz. Um diese Schalker Spielphilosophie zu begründen bedarf es nicht nur einer entsprechenden Personalauswahl, sondern auch einer konsequenten Umsetzung, die auch bei zwischenzeitlichen Misserfolgen den eingeschlagenen Weg nicht verläßt.

Die Knappenschmiede gilt als einzigartig und hat internationales Renommee. Die erfolgreiche Entwicklung von Nachwuchsspielern bis zum Lizenzspieler beweist das immer wieder. Im Rahmen eines Konzeptes zur fußballerischen Ausrichtung sollte dies auch für die Ausbildung des Trainernachwuchses und des Managementpersonals gelten. „Schalker für Schalke“ sollte dann auch bedeuten, dass zukünftig Trainer und Sportmanager aus dem eigenen Verein rekrutiert werden können und für eine Konstanz in der sportlichen Ausrichtung des Vereins sorgen.

Wie definierst du die Aufgaben des Aufsichtsrats? Wie sieht eine gute Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsrat und Vorstand aus?

Die Aufgaben des Aufsichtsrates werden in der Satzung klar vorgegeben. Demnach ist der Aufsichtsrat das Kontrollgremium, dass im Auftrag der Mitglieder, den Vorstand in der Wahrnehmung der Vereinsaufgaben kontrolliert. Er bestellt den Vorstand und beruft in ab. Im Finanzbereich hat der Aufsichtsrat u.a. die Aufgabe, den Finanzplan des Geschäftsjahres und Anträge des Vorstandes zu Finanzgeschäften (z.B.: Darlehensverträge) zu genehmigen. Des Weiteren verabschiedet er den Jahresabschluss samt Geschäftsbericht. Aus meiner Sicht ist der Aufsichtsrat auch verantwortlich für die strategische Ausrichtung des Vereins. Auf der Grundlage dieser Strategie sollte er mit dem Vorstand Ziele festlegen, an denen sich die operative Arbeit des Vorstandes ausrichtet. Eine optimale Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsrat und Vorstand ist dann gegeben, wenn neben einer vertraulichen und konstruktiven Kooperation eine eindeutige Trennung der Kontrollfunktion des Aufsichtsrates vom operativen Geschäft des Vorstandes gegeben ist. Eine Kontrollfunktionen ist nur möglich, wenn sie völlig unabhängig von der Wahrnehmung des operativen Geschäftes erfolgt.

Wie bewertest du die aktuelle Zusammensetzung des Aufsichtsrats (Anzahl der Personen, Kooptationsmöglichkeiten etc.)? 

Der Aufsichtsrat besteht aus 11 Mitgliedern. Eine ungerade Zahl ist Voraussetzung zur Vermeidung von Pattsituationen bei Abstimmungen. Aus meiner Sicht ist es wichtig, dass die Meinungen der Abteilungen des Vereins (Sportbeirat) und insbesondere der Fanorganisationen durch jeweils einen Vertreter im Aufsichtsrat eingebracht werden.

Gemäß Satzung entsendet der Vorstand des Fan-Club-Dachverbandes ein Aufsichtsratsmitglied, um die Fans im Aufsichtsrat zu repräsentieren. Damit dies gewährleistet ist, sind auch die Belange und Meinungen der übrigen Fanorganisationen zu berücksichtigen. Daher wäre es aus meiner Sicht sinnvoll, einen Fanbeirat aufzustellen, in dem die wesentlichen Fanorganisationen vertreten sind und durch den ein Meinungsbild der gesamten Fanszene über das entsprechende Mitglied in den Aufsichtsrat eingebracht würde.

Der Aufsichtsrat kann derzeit bis zu drei zusätzliche Mitglieder bestimmen, die durch den Wahlausschuss bestätigt werden müssen. Durch diese Kooptation sollen Kompetenzen oder Qualifikationen, die die gewählten Aufsichtsratsmitglieder nicht besitzen oder deren Stärkung im Aufsichtsrat wünschenswert ist, für das Gremium zur Verfügung gestellt werden. Aus meiner Sicht ist diese „Kann-Bestimmung“ der Satzung möglichst restriktiv und nur in Ausnahmefällen umzusetzen. Ziel muss es sein, eine größt mögliche Zahl von Aufsichtsräten durch die Mitglieder wählen zu lassen und damit den demokratischen Grundsätzen des FC Schalke 04 zu folgen. Die Zahl der Satzungsänderungsanträge für die kommende Mitgliederversammlung hinsichtlich einer Änderung der Kooptationsmöglichkeiten zeigt die Bedeutung dieses Themas.

Wie beurteilst du die Satzung des FC Schalke 04? Wie stehst du dazu, dass in der Vergangenheit von Mitgliedern gestellte Satzungsänderungsanträge aus inhaltlichen Gründen abgelehnt und nicht zur JHV zugelassen wurden?

Grundsätzlich halte ich die Satzung des FC Schalke 04 für eine gute Grundlage unseres Vereinslebens. Zusammen mit dem Leitbild gibt sie „Eckpfeiler“ und die Ausrichtung des Vereins vor. Zu ihrer Aktualisierung und inhaltlichen Verbesserung dienen die Satzungsänderungsanträge. Der Aufsichtsrat kann Satzungsänderungsanträge ablehnen. Dies ist in der Vergangenheit auch bei inhaltlich gut begründeten Anträge geschehen und hat bei den Mitgliedern und bei mir oft zu Unverständnis geführt. Hier muß aus meiner Sicht den demokratischen Grundsätzen des Vereins mehr Rechnung getragen werden. Die Mitgliederversammlung kann vom Aufsichtsrat abgelehnte Anträge dennoch auf die Tagesordnung setzen und darüber entscheiden. Dazu ist derzeit eine zwei Drittel Mehrheit erforderlich. Ich unterstütze den für die diesjährige Mitgliederversammlung eingereichten Satzungsänderungsantrag, die erforderliche Mehrheit auf eine einfache Mehrheit zu reduzieren. Damit sollte es einfacher möglich sein, entgegen der Ablehnung des Aufsichtsrats, Satzungsänderungsanträge zur Abstimmung zu stellen.

Wie stehst du zur Rechtsform des eingetragenen Vereins beim FC Schalke 04?

Im Rahmen meines Studiums habe ich mich intensiv mit den derzeitigen Rechtsformen der Vereine der 1. und 2. Bundesliga auseinandergesetzt. Sämtliche bestehenden Rechtsformen der Ausgliederungen im deutschen Profifussball passen aus meiner Sicht nicht zu Schalke 04. Schalke 04 charakterisiert sich über seine Mitglieder und Anhänger wie kein anderer Verein. Der Verein gehört den Mitgliedern zu 100% und das muß auch so bleiben. Eine Einbeziehung von Kapitalgebern durch eine Ausgliederung verschafft kurzfristiges Kapital (dessen Investition in die Profimannschaft selten Erfolge sichert – siehe Hertha BSC) aber langfristige Abhängigkeiten von Investoren. Unabhängigkeit ist ein Grundsatz unserer Vereinstradition. Vielmehr stellt der eingetragene Verein für viele unserer Mitglieder ein Identifikationsmerkmal dar, das aus meiner Sicht unbedingt erhalten werden sollte.

Wie sollte das Zusammenspiel zwischen Verein und Fans aussehen? Welche Verbesserungen sind möglich?

Im zurückliegenden Jahr ist es den Fans nicht einfach gemacht worden. Corona- Pandemie mit Geisterspielen, sportlicher Niedergang mit Abstieg, mangelhafte Außendarstellung und wirtschaftliche Hiobsbotschaften. Umso wichtiger ist es jetzt, die Fans eng an den Verein zu binden und in der Gemeinschaft aller Schalker die anstehenden Probleme zu lösen. Schalke 04 ist der emotionalste Fußballverein. Diese Schalke Identität müssen wir pflegen und fördern, indem sich der Verein an den Fans mit ihren Belangen, Wünschen und Forderungen ausrichtet. Dazu ist mehr Dialog erforderlich, eine stärkere Einbindung in Entscheidungen und eine moderne Mitbestimmungskultur. Als erster Schritt in diese Richtung, sollte der Verein Mitgliederbefragungen turnusmäßig durchführen, deren Ergebnisse transparent kommunizieren, Ziele setzen und Maßnahmen ableiten. Für mich wäre das eine fester Punkt in der Tagesordnung jeder Mitgliederversammlung.


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