Fragebogen AR-Kandidat Moritz Dörnemann

Bitte stelle dich kurz vor
Mein Name ist Moritz Dörnemann, ich bin 39 Jahre alt und verheiratet. Unser Sohn Oskar ist sechs Jahre alt und wie ich Schalke Fan und Mitglied. Ich komme aus Gelsenkirchen, bin hier zur Schule gegangen und wohne jetzt mit meiner Familie in Frankfurt. Ich wurde vor drei Jahren in den Aufsichtsrat gewählt und bin seit einem Jahr Mitglied im Wirtschaftsausschuss.
Seit wann und wie regelmäßig besuchst du die Spiele des FC Schalke 04? Seit wann bist du Vereinsmitglied und was hat dich damals dazu bewogen?
Ich bin schon als Kind im Parkstadion gewesen und seitdem regelmäßig auf Schalke. Jetzt wo ich in Frankfurt wohne ist für mich allerdings jede Begegnung eine „Auswärtsfahrt“, so dass ich leider nicht bei jedem Partie dabei sein kann. Alles in allem bin ich bei in etwa der Hälfte aller Spiele unserer Mannschaft – ganz gleich ob in Gelsenkirchen oder auswärts.
In den Verein bin ich 2006 eingetreten und somit seit dem 24. Lebensjahr Mitglied. Aus beruflichen Gründen bin ich seinerzeit aus Gelsenkirchen weggezogen. Schalke ist für mich eine Art Heimat und Gemeinschaft. In der „Fremde“ war es für mich wichtig, meinen Verein „mitzunehmen“ – Teil des FC Schalke 04 und Mitglied zu sein.
Was hat dich dazu bewogen, für den Aufsichtsrat des FC Schalke 04 zu kandidieren? Was qualifiziert dich persönlich für die Arbeit im Aufsichtsrat? Warum sollten die Mitglieder dir ihre Stimme geben?
Ich bin wenige Kilometer vom Stadion entfernt aufgewachsen und weiß, was Schalke bedeutet. Hier in Gelsenkirchen groß geworden zu sein und die Gelsenkirchener Luft geatmet zu haben, ist aus meiner Sicht für die Arbeit des Aufsichtsrats genauso wichtig, wie betriebswirtschaftliche Kenntnisse einzubringen.
Seit 16 Jahren arbeite ich für eine deutsche Großbank in Frankfurt. Dort verantworte ich ein Team mit 100 Mitarbeitern und das Währungs-, Zins- und Anlagegeschäft mit Firmenkunden in Deutschland, Österreich und der Schweiz. In den vergangenen Jahren habe ich durch die Betreuung von Finanzdienstleistern und Großunternehmen umfangreiche Erfahrungen am Kapitalmarkt sammeln können.
Privat, beruflich als auch im Aufsichtsrat bin ich kein „Querkopf“. Allerdings bin ich es gewohnt Konzepte zu hinterfragen und meine Meinung konstruktiv zu äußern. Strategien zu überprüfen ist für mich ein wesentlicher Bestandteil meiner täglichen Arbeit. Dies möchte ich auch als Aufsichtsrat tun.
Welche konkreten Ziele hast du, wenn du in den Aufsichtsrat gewählt wirst? Was sind für dich die großen Herausforderungen in den kommenden Jahren?
Wir müssen unsere Finanzen in den Griff bekommen. Unsere Verbindlichkeiten müssen sinken, so dass wir wirtschaftlich wieder agieren können, anstatt reagieren zu müssen.
Es braucht die konsequente Umsetzung eines sportlichen Konzepts, das zu Schalke passt. Darin muss aus meiner Sicht als wesentlicher Bestandteil die Knappenschmiede berücksichtigt werden.
Bei der Auswahl und Weiterentwicklung der Mannschaft sollten Daten eine größere Rolle spielen. Der Fußball hat sich weiterentwickelt und es lassen sich Fehler vermeiden, wenn man sich sämtlicher verfügbarer Informationen bewusst ist.
Die größte Herausforderung wird es sein, ein gewisses Maß an Geduld aufzubringen, da sich der Erfolg vermutlich nicht über Nacht einstellen wird.
Was sind aus deiner Sicht die Gründe für die schwierige finanzielle Situation und die negative sportliche Entwicklung? Welche konkreten Maßnahmen sind aus deiner Sicht zu ergreifen, um den Verein zukünftig wieder erfolgreich und krisensicher aufzustellen?
In der Vergangenheit wurden überhöhte Ausgaben zu häufig mit der Möglichkeit auf sportlichen Erfolg und Teilnahme am lukrativen europäischen Wettbewerb gerechtfertigt. Da derartige „Rechnungen“ aber nur im Erfolgsfall aufgehen, ist die getätigte Investition eine Wette und die Strategie Zockerei.
Die negative sportliche Situation hat aus meiner Sicht viele verschiedene Gründe. Wechselnde Trainer mit unterschiedlichen Vorstellungen zur Spielidee haben Automatismen verhindert. Die Mannschaft wurde nicht basierend auf einer konstanten Spielidee zusammengestellt. Auch hat sich Schalke in manchen Bereichen nicht wie die Konkurrenz weiterentwickelt. Hierzu zählt unter Anderem auch das Scouting und die Leistungssteuerung.
Ein Aspekt, den ich ebenfalls als entscheidend empfinde, sind in der zurückliegenden Saison die fehlenden Fans im Stadion. Auf Schalke ist der häufig spielentscheidende 12. Mann das Publikum. Der Support durch die Nordkurve hat in den vergangen Monaten leider (insbesondere nach Rückständen) erkennbar gefehlt.
Wie definierst du die Aufgaben des Aufsichtsrats? Wie sieht eine gute Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsrat und Vorstand aus?
Die Aufgabe jedes Aufsichtsratsmitglieds, unabhängig von seinem beruflichen Werdegang, besteht für mich darin, den Vorstand in sämtlichen Geschäftsbereichen zu beaufsichtigen, Konzepte zu hinterfragen und somit sicherzustellen, dass der Vorstand seiner Aufgabe gerecht wird. Der Aufsichtsrat muss dabei darauf achten, dass er nicht in das operative Geschäft eingreift, sondern Kontrollgremium bleibt.
In einer gut funktionieren Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsrat und Vorstand herrscht die richtige Menge an Offenheit, Transparenz, Vertrauen und auch die Möglichkeit für Ideenaustausch und Meinungsverschiedenheit.
Wie bewertest du die aktuelle Zusammensetzung des Aufsichtsrats (Anzahl der Personen, Kooptationsmöglichkeiten etc.)?
Die Zusammensetzung des Gremiums zeichnete sich in den letzten drei Jahren nicht sonderlich durch hohe Konstanz aus. Drei Wechsel auf den kooptierten Positionen. Darüberhinaus die Rücktritte von drei gewählten Aufsichtsräten. Somit ist die von der Satzung vorgegebene Struktur auf Grund der vielen Wechsel nicht ganz leicht zu beurteilen.
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass der Aufsichtsrat bei den übrigen Bundeligavereinen im Durchschnitt weniger als 8 Mitglieder hat. Bei keinem anderen Verein der 1. Liga findet sich ein Kontrollgremium mit mehr als 9 Mitgliedern. Bei Schalke sind es 11.
Bei zu großen Gremien ist der effiziente, vertrauliche und pragmatische Austausch nicht immer sichergestellt. Wenn wir die Fehler der Vergangenheit konsequent analysieren, sollten wir uns auch fragen, ob nicht auch die Größe des Aufsichtsrates – und damit die Zahl der AR-Mitglieder – zu überprüfen ist.
Was ich allerdings befürworte ist, dass sich das Gremium durch die Kooptation fehlende Expertise in seinen Kreis holen kann. Zuletzt wurde das durch die Berufung von Youri Mulder getan.
Wie beurteilst du die Satzung des FC Schalke 04? Wie stehst du dazu, dass in der Vergangenheit von Mitgliedern gestellte Satzungsänderungsanträge aus inhaltlichen Gründen abgelehnt und nicht zur JHV zugelassen wurden?
Satzungsänderungsanträge sollte der Aufsichtsrat als Denkanstoß verstehen und als Zeichen, dass ein Thema der Überprüfung bedarf. Dieses selbstkritische Eigenverständnis war nicht immer gegeben in den letzten Jahren. Zu der aktuellen Mitgliederversammlung hat bereits ein gewisses Umdenken stattgefunden.
Wie stehst du zur Rechtsform des eingetragenen Vereins beim FC Schalke 04?
Persönlich glaube ich an die Kraft, die im e.V. steckt und stehe Modellen wir Rasenball Leipzig und den „Werksvereinen“ kritisch gegenüber. Der Fußball lebt von seinen Fans und so müssen die Vereine auch mehrheitlich den Mitgliedern gehören. Ich möchte nicht sehen, wie sich einzelne Personen Schalke als „Spielzeug“ oder als Investition aneignen.
Es gibt allerdings Modelle, die durchaus interessant sind und ggfs. auch zu Schalke passen könnten. Interessant finde ich hier zum Beispiel die „Greenbay Packers“ in den USA, wo Mitglieder und Fans Ihren Club „gekauft“ haben.
Entsprechende Modelle müssen erarbeitet, geprüft und zur Wahl gestellt werden. Wichtig ist aus meiner Sicht, dass kein Einzelner jemals zu großen Einfluss auf Schalke gewinnt.
Wie sollte das Zusammenspiel zwischen Verein und Fans aussehen? Welche Verbesserungen sind möglich?
Wir sollten wieder lernen, miteinander anstatt übereinander zu reden. MitGEredet ist ein guter Anfang, aber dabei darf es nicht bleiben. Der Austausch muss regelmäßig, ungefiltert und offen stattfinden. Konstruktive Kritik muss nicht nur erlaubt sein, sondern begrüßt werden.
Der Verein und hier insbesondere der Vorstand muss seine Strategie besser kommunizieren. Nur so kann das Schalker Umfeld die Arbeit des Vereins objektiv beurteilen und nicht nur am Ergebnis des jeweils letzten Spieltags festmachen.
Als Fans würde es uns guttun, unsere Ansprüche zu reduzieren. Die Ungeduld auf Schalke hat in der Vergangenheit dazu geführt, dass wir über unsere Verhältnisse gelebt haben.