Nordkurve Gelsenkirchen: Demonstration gegen Polizeieinsätze in Fankurven

Nordkurve Gelsenkirchen: Schalke Amateure – BSG Chemie Leipzig

Stellungnahme zu den Polizei Gewerkschaften

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Der Schock des unfassbaren Polizeieinsatzes in der Nordkurve ist noch nicht annähernd verdaut, da beginnt schon der Versuch, dem bösen Fußballfan die Schuld in die Schuhe zu schieben. Neben dem altbekannten Herrn Wendt, dem Bundesvorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), stößt nun Herr Plickert, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in dieselbe Kerbe. Seine teils haarsträubenden Aussagen können und wollen wir so nicht unkommentiert stehen lassen:
„Der Polizeieinsatz erfolgte nach unseren Informationen erst, nachdem mehrere Versuche von Seiten des Vereins, das Problem durch Gespräche mit den Ultras zu beseitigen und die Ultras dazu zu bringen, die Flagge einzurollen, gescheitert waren. Die mildeste Maßnahme, die Flagge abzunehmen und damit die bevorstehende Eskalation zu vermeiden, wurde von den Ultras strikt abgelehnt. Der Verein, der Fanbeauftragte des Vereins, der Sicherheitsbeauftragte des Vereins und auch der Sicherheitsdienst vor Ort waren trotz ihrer Zuständigkeit nicht in der Lage, dies durchzusetzen.
Aus Sicht der GdP wollten die Ultras bewusst provozieren, mit dem Wissen, dass das Zeigen dieses Banners, das bereits 1993/94 schwerste politische Reaktionen zwischen Griechenland und Mazedonien ausgelöst hatte, die griechische Fans so verletzten und beleidigen würde, dass gewalttätige Reaktionen sicher zu erwarten waren. Dies erfolgt bewusst und damit vorsätzlich vor dem Hintergrund, dass es bereits im letzten Jahr in Wien durch das Zeigen dieses Banners zu schwersten Ausschreitungen gekommen ist.
Nur zur Klarstellung: Wir reden hier nicht über die offizielle Flagge Mazedoniens, sondern über ein Banner, das bewusst eingesetzt wird, um Griechen zu provozieren und aufs tiefste in ihrer Ehre zu verletzten.“
Schade eigentlich, dass Sie, Herr Plickert, nicht auch zunächst versuchen, den Einsatz über den Strafbestand der Volksverhetzung zu rechtfertigen. Die Polizei scheint nun aber auch verstanden zu haben, dass diese Anschuldigung eine Farce ist und keine rechtliche Grundlage für den Einsatz bildet.
Um kurz auszuholen: Seit 2004 besteht eine Freundschaft zu den Fans von Vardar Skopje. Seitdem gibt es gegenseitige Besuche und wie es bei solchen Besuchen üblich ist, wird als Zeichen der Freundschaft eine Fahne des jeweiligen Gastes aufgehangen. Ebenso ist dies der Fall bei unseren Freunden aus Nürnberg und Enschede. Generell erfolgt diese Geste der Freundschaft vereinsübergreifend nicht nur deutschland-, sondern weltweit.
Herr Plickert, mittlerweile sollten Sie eigentlich genug Zeit zur Recherche gehabt haben. Zur Hilfe empfehlen wir Ihnen einen Blick auf unsere Homepage zu werfen, auf welcher sich nur eine kleine Auswahl an Fotos befindet, welche eindeutig und unmissverständlich belegen, dass besagte Fahne des Öfteren sowohl im eigenenm als auch in fremden Stadien aufgehangen worden ist. Dies geschieht als Zeichen unserer Freundschaft und aus keinem anderen Grund. Der direkt an uns gerichtete Vorwurf, die Fahne rein aus Provokation aufgehängt zu haben, ist fadenscheinig und gelinde gesagt eine Frechheit.
Das von der Polizei aufgrund einer Aussage eines einzigen griechischen Polizeibeamten heraufbeschworene Problem einer angeblich bevorstehenden Eskalation in und um den Gästebereich, bestand zu keiner Zeit. Dies bestätigen mitunter vereinsangehörige Institutionen, wie das Schalker Fanprojekt, und nicht zuletzt Aussagen unzähliger in Deutschland lebender PAOK-Anhänger, die am besagten Abend im Stadion zugegen waren. Zu keiner Zeit gab es etwaige Anzeichen oder andersartige aggressive Regungen im Gästebereich. Die besagte Fahne hat dort niemanden interessiert.
Allein auf diesen Fakten basierend gab es keinen Grund, die besagte Fahne unserer Freunde vor unserem Block zu entfernen.
„Wir mögen diese Brisanz hier in Deutschland nicht so nachvollziehen können. Der Polizeiführer musste diese Umstände (Zeigen des Banner in der Veltins Arena bzw. Ausschreitungen in Wien) im Rahmen seiner Gefahrenprognose jedoch entsprechend berücksichtigen und bewerten.“
Wie eigentlich, außer Herr Plickert selbst, sicherlich weiß, haben die angesprochenen Ausschreitungen beim Spiel im griechischen Thessaloniki und nicht in Österreich stattgefunden. Sicherlich ist dies nicht ausschlaggebend für den Inhalt der Aussage, aber passend zum Wahrheitsgehalt (Vienna-Online schrieb zu dem Spiel in Wien:
„Das Fußball-Europa-League-Spiel im Gerhard Hanappi Stadion am Donnerstagabend zwischen Rapid Wien und PAOK Saloniki ging ohne weitere Zwischenfälle über die Bühne, keine einzige Leuchtrakete wurde gezündet. Die 16.000 Besucher, darunter etwa 700 Anhänger der Gastmannschaft, verhielten sich größtenteils ruhig.“, Quelle: http://www.vienna.at/ruhiger-abend-bei-rapid-saloniki-spiel/3345648
Denn wie sich im Internet einfach nachvollziehen lässt (Bilder vom Hinspiel (Quelle: http://www.ultrasrapid.at/2012/08/23/paok-saloniki-sk-rapid-wien) und Rückspiel (Quelle: http://www.ultrasrapid.at/2012/08/30/sk-rapid-wien-paok-saloniki)), hing auf Seite von Rapid Wien keine Flagge Mazedoniens. Aber vielleicht hat der griechische Polizist auch den Stern von Vergina mit der Sonne der Ultras Nürnberg Fahne verwechselt – Himmelskörper ist ja schließlich Himmelskörper! Davon ab wird zwar eher die Freundschaft von Ultras Rapid mit Gate 13 (Panathinaikos Athen) Auslöser angesprochener Ausschreitungen gewesen sein, aber wir wollen Ihnen hier nicht ihre wertvolle polizeiliche Arbeit vorwegnehmen,
„seiner Einschätzung zudem auch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu berücksichtigen. Die zwanghafte Durchsetzung von Maßnahmen gegen 2500 hoch emotionalisierte Griechen, die nicht Auslöser der Provokationen waren, scheiterte nicht nur an der verfassungsrechtlichen Vorgabe der Verhältnismäßigkeit, sondern auch daran, dass nach dem Polizeigesetz zunächst der Veranlasser/Zweckveranlasser in Anspruch genommen werden muss. Diese Fahne zu entfernen war demnach die einzig rechtlich zulässige Maßnahme, da die Gefahr/Störung vom Zeigen dieser Fahne ausging. Da die Ultras es trotz mehrfacher Aufforderung ablehnten die Fahne abzuhängen, blieb der Polizei nichts anderes übrig, als Maßnahmen gegen diese einzuleiten, um unmittelbar bevorstehende massivste Auseinandersetzungen und Ausschreitungen zu verhindern.“
Den letzten Strohhalm, den die Polizei zur Rechtfertigung des Einsatzes heranzieht, ist der des Zweckveranlassers. Hierzu ein kurzer Exkurs ins Polizeirecht:
“Definition:
Zweckveranlasser ist, wer andere entweder gezielt zu polizeiwidrigem Verhalten veranlasst, oder dies zumindest in Kauf nimmt.”
Die Polizei sagt also, dass wir durch die angebliche Provokation der Griechen einen Platzsturm mit Schwerverletzten und Toten in Kauf genommen haben. Dazu sagt jedoch ein Fortbildungsskript für Polizeibeamte:
„Nichtstörer dürfen nur in Ausnahmefällen in Anspruch genommen werden (polizeilicher Notstand). Dass sie überhaupt in Anspruch genommen werden dürfen, fußt auf dem Gedanken, dass Gefahrensituationen auch dann abgewehrt werden müssen, wenn Verantwortliche nicht dazu herangezogen werden können und die Polizei mit eigenen Mitteln nicht in der Lage ist, die Gefahr abzuwehren.“ (Hervorhebung durch die Redaktion) http://www.rodorf.de/01_polg/05.htm#06
Eigentliche Störer waren die – laut Ihrer Aussage – beinahe randalierenden Griechen und herangezogen werden konnten diese mit Hilfe der anwesenden Polizeikräfte um ein Leichtes. Somit eine Falscheinschätzung und Fehlentscheidung der Einsatzleitung.
Dass Sie, Herr Plickert, nun selbst auf die Verhältnismäßigkeit eingehen, setzt dem Ganzen die Krone auf. Dazu wieder ein Blick ins Polizeigesetz (§2 Abs 1 u 2 PolG NRW):
„(1)Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen hat die Polizei diejenige zu treffen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt.
(2) Eine Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht.“
Eine Maßnahme ist dann verhältnismäßig, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind:
Geeignetheit
Ist ein brutaler Einsatz in der Nordkurve geeignet, um (nahezu) brandschatzende Griechen zu beruhigen?
Erforderlichkeit
Ist ein Einsatz 15 Minuten vor Spielende und kurz nachdem der Ausgleichstreffer für PAOK gefallen ist, noch notwendig?
Angemessenheit
„Eine Maßnahme ist nicht angemessen, wenn sie zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht.“ http://www.rodorf.de/
Ist es angemessen, massiv und brutal in eine Fankurve einzudringen und damit viele Verletzte und eine Massenpanik in Kauf zu nehmen?
„Da die Ultras es trotz mehrfacher Aufforderung ablehnten die Fahne abzuhängen, blieb der Polizei nichts anderes übrig, als Maßnahmen gegen diese einzuleiten, um unmittelbar bevorstehende massivste Auseinandersetzungen und Ausschreitungen zu verhindern.“
Unmittelbar bevorstehende massivste Auseinandersetzung und Ausschreitungen? Wir schreiben die 75. Spielmiute. Die Griechen haben gerade den Ausgleichstreffer geschossen, aber Randalen stehen unmittelbar bevor? Halten wir fest: Die Fahne von Komiti Düsseldorf wurde vor dem Anpfiff aufgehangen, hing die ersten 45 Minuten, während der Halbzeitpause, bis schließlich um die Polizei den Block betrat. Die Eskalation und der Platzsturm der Griechen stand also schon über 90 Minuten im Raum? Wenn sich die Gefahrsituation zudem in der Halbzeit immer weiter zuspitzte, warum ist dann über 30 Minuten nichts weiter passiert? Die anwesenden Stadionbesucher werden sich sicherlich erinnern, dass der Gästeblock in der Halbzeit ebenso ruhig war, wie die Nordkurve, Südkurve, Gegengerade oder Haupttribüne. Oder wer kann von Versuchen eines Platzsturms, Aggressionen oder Ähnlichem berichten? Das Schalker Fanprojekt zumindest widerspricht der Darstellung der Polizei wie folgt:
„Für uns stellte sich die Situation bei den Gästeanhängern, die von einem S04-Fanbeauftragten ab der Vorspielphase bis hin zum Abpfiff begleitet wurden, nicht als besorgniserregend dar. Von einer unmittelbar bevorstehenden Eskalation kann daher keine Rede sein, was die Polizei ähnlich gesehen haben muss oder warum wurde sogar auf die, bei internationalen Spielen sonst übliche, Blocksperre für die Gäste verzichtet?“(Quelle: www.schalker-fanprojekt.de/2013/08/stellungnahme-der-fanbetreuung-zu-dem-polizeieinsatz-in-der-nordkurve)
„Nachdem Vereinsvertreter sich nach den erfolglosen Gesprächen von den Ultras zurückzogen, begannen Teile der Ultras sich zu vermummen und schraubten Fahnenstangen auseinander, um diese Stöcke dann gegen Polizeibeamte einzusetzen.“
Wer schon einmal ein Spiel in der Nähe unseres Blocks verfolgt hat dürfte wissen, dass wir handelsübliche Kabelrohre zum Aufziehen und Schwenken unserer Fahnen nutzen. Hierbei kann man weder etwas auseinanderschrauben, noch als wirklich nutzbare Waffe verwenden. Ansonsten wären jene doch in der Stadionordnung schon längst verboten.
„Bereits als erste Polizeibeamte durch die Mundlöcher die Blöcke betraten, wurden sie massiv angegriffen ohne auch nur eine Maßnahme getroffen zu haben. Die Gewalttätigkeiten gingen ausschließlich von den dortigen Schalker Ultras aus. Sie haben gewalttätige Situationen bewusst herbeigeführt und sind somit auch für die anschließenden Folgen allein verantwortlich. Die Polizei kann und darf ein solches Verhalten nicht hinnehmen bzw. dulden. Rechtsfreie Räume (Tribünen) kann und darf es auch in einem Fußballstadion nicht geben. Dass meine Kollegen/Innen bereits angegriffen wurden, ohne eine Maßnahme ergriffen zu haben (auch zu diesem Zeitpunkt hätten die Ultras durch Abnahme der Fahne die Situation entschärfen können) zeigt, wie weit der Wertefall, die Respektlosigkeit und die Gewaltbereitschaft in unserer Gesellschaft fortgeschritten ist.“
Als die Polizisten durch die Mundlöcher die Blöcke betraten, mussten sie zunächst in den unteren Teil von N4 vordringen, wobei sie bereits Unbeteiligte auf rücksichtslose und brutale Art und Weise beiseite stießen. Im oberen Teil und speziell an den Mundlöchern standen ausschließlich Unbeteiligte und keine Ultras. Dass es in den Mundlöchern zu keiner Auseinandersetzung gekommen ist, können Sie auch auf dem Video auf unserer Homepage sehen. Die Beamten betreten zügig, aber gelassen und ohne Zeichen einer Auseinandersetzung direkt vor ihnen von der Arenapromenade den Block. Gleichzeitig begann der Zugriff durch den Graben zwischen Nordkurve und Spielfeld. Dazu wurde präventiv aus dem Graben Pfefferspray in den Block gesprüht, um zur selben Zeit knüppelschwingend über den Aufgang in den Block zu gelangen um von dort weiter großzügig Pfeffer zu verteilen. Die drei Ordner, die für die Freihaltung dieses Treppenabganges zuständig sind, wurden ebenfalls von den Polizisten attackiert.
Da Sie, Herr Plickert, selber erwähnen, dass Tribünen keine rechtsfreien Räume darstellen, wären wir Ihnen verbunden, wenn Sie diese Information auch an jene Polizisten/Innen weitergeben würden, die blindlings erst jeden Fan mit Pfefferspray beschossen haben und die Menge dann wechselweise mit dem Schlagstock oder mit Faustschlägen ihrer Protektoren-Handschuhen bearbeitet haben. Dieses Vorgehen ist auf hinreichendem Videomaterial einzusehen.
Um also „Schwerverletzte und Tote“ zu verhindern, entschied Einsatzleiter Klaus Sitzer sich dafür, die Fahne sicherzustellen – mit aller Gewalt. Die Blöcke N4 und N5 in nahezu der gesamten Höhe wurden unter massivem Einsatz von Pfefferspray und Schlagstock eingekesselt. Dadurch waren sämtliche Fluchtwege versperrt. Durch viel Glück ist in dieser Situation keine Massenpanik entstanden. Dass dies jedoch mehr dem Zufall, als der Einsatzstrategie geschuldet ist, lässt leider tief blicken. Oder ist die „Loveparade“ bei Ihnen bereits eingestaubt ins Sammelsurium der Begrifflichkeiten abgelegt worden?
Es ist weiterhin unverschämt von Ihnen, Herr Plickert, zu behaupten dass in dieser Situation das Abhängen der Fahne eine sofortige Entschärfung der Situation hätte bewirken können.
Die Fahne wurde direkt beim Betreten des Blockes Ihrer Polizeieinheiten “in Sicherheit gebracht”, Ihre Einheiten verblieben jedoch schätzungsweise weitere zehn Minuten im Block und geizten dabei nicht mit dem Versprühen von Pfefferspray und der Anwendung körperlicher Gewalt. In einem Punkt müssen wir Ihnen jedoch zustimmen: Das Einschreiten Ihrer Beamten hat uns an diesem Abend auf erschreckende Weise gezeigt, wie weit der Werteverfall, die Respektlosigkeit und Gewaltbereitschaft in unserer Gesellschaft fortgeschritten sind!
„Sehr geehrte Herren,
wenn der Einsatz der Polizei in ihrem Stadion nicht gewünscht ist, biete ich Ihnen an, mit dem Innenminister zu sprechen. Meine Kollegen werden dann in Zukunft gerne draußen bleiben. Eine rechtliche Verpflichtung von vornherein im Stadion präsent zu sein, kann ich ohnehin nicht erkennen. Sie sind Inhaber des Hausrechts, ihre Stadion- und Versammlungsstättenverordnung regeln das „Weitere“. Also bleibt es Ihnen unbenommen, die Probleme selbst zu lösen“
Sehr geehrter Herr Plickert,
wenn sie diesen Einsatz als verhältnismäßig und sinnvoll erachten, sind Sie und Ihre Kollegen sicherlich nicht im Stadion erwünscht. Aber gut dass Sie das Hausrecht ansprechen. Nach Bekunden des Vereins (Quelle: http://www.schalke04.de/de/aktuell/news/130822_polizeieinsatz/page/2260–10-213-.html) hat dieser den Einsatz weder veranlasst noch genehmigt, wie oben dargestellt entbehrt der Einsatz auch ansonsten jeglicher Rechtsgrundlage, wie kommt es dann, dass die Polizei „die Probleme im Stadion“ auf ihre Art und Weise „gelöst“ hat?
„Ich bin mir aber nicht sicher, ob wir das Ende des Spiels Schalke 04 gegen PAOK Saloniki noch erlebt hätten, oder ob es nicht vorher zu einem Spielabbruch gekommen wäre, wenn meine Kollegen/Innen nicht eingeschritten wären“
Sie, Herr Plickert, sind also der festen Überzeugung, dass innerhalb der letzten 15 Minuten der gesamte Gästeblock über die 2,30 m hohe Plexiglaswand klettert, um dann wahlweise durch den Graben oder über das Spielfeld 105 m zur Nordkurve zurücklegt, um diese anzugreifen und zu versuchen die Fahne zu erlangen? Wäre es da nicht eine weitaus einfachere und deeskalierende Taktik gewesen die Polizeikräfte am Gästeblock zu bündeln, um ein etwaiges Verlassen des Blocks über die Plexiglaswand unterbinden zu können? Die normalerweise bei internationalen Spielen übliche Blocksperre nach dem Spiel gab es übrigens ebenfalls nicht.
Dass Sie, Herr Plickert, weder auf die Zahl der Verletzten, noch auf den Pfeffersprayangriff auf die Sanitäter, als diese einigen Verletzten helfen wollten, eingehen, ist wahrscheinlich jedem schlüssig. Denn wie Ihr Brief offensichtlich zeigt, sind Schuldeingeständnisse und Einsicht ein Fremdwort für Polizisten, zumindest wenn sich der Polizeieinsatz gegen Fußballfans richtet.
Wir danken dem Verein Schalke 04 und seinen Vertretern dafür, dass er sich vor seine Fans stellt und die Ausschreitungen, die ausschließlich durch den unverhältnismäßigen und brutalen Polizeieinsatz verursacht wurden, kritisch beleuchtet haben will.
„An dieser Stelle erlaube ich mir, aus der aktuellen Stadionverordnung der Veltins Arena zu zitieren:
§5 Verbote
1. Besuchern, die sich im Geltungsbereich dieser Stadionordnung befinden, ist das Mitführen folgender Sachen untersagt:
…
Mitführen von Fanuntensilien, soweit dieser zur Provokation anderer Fangruppen genutzt werden.“
Ihre Argumentation bezüglich des Punktes aus der Stadionordnung, wird weiter oben schon widerlegt. Auch die gebetsmühlenartige Wiederholung der böswilligen Unterstellung, dass die Fahne allein der Provokation dienen sollte, macht diese nicht weniger falsch.
Sehr geehrter Herr Plickert,
Kritik zu äußern und das Handeln von Fußballvereinen sowie Fans/Ultras zu hinterfragen, steht Ihnen jederzeit zu. Gerade die Art und Weise sollte aber in einem so emotionalen Umfeld wie dem des Fußballs, wohl überlegt sein. Aus Sicht der Fans macht es wenig Sinn, eine pauschale Schuldzuweisung gegen Fußballfans und Ultras generell vorzunehmen, ohne die Gepflogenheiten und Geschehnisse innerhalb der Fankurven zu kennen, oder gar verstehen, beziehungsweise sich über diese fachkundig gemacht zu haben.
Die Fan- und Ultrabewegung schafft es nicht selten, durch kritische Selbstreflektion sich Fehler einzugestehen. Nur, oder gerade das sollte man doch von einer staatlichen Behörde auch erwarten dürfen. Schade, dass Sie das verpasst haben.
Ultras Gelsenkirchen am 31.08.2013
Nachtrag: Polizeieinsatz in der Nordkurve

An dieser Stelle möchten wir uns bei allen Schalkern und Personen bedanken, welche uns in den letzten Tagen zahlreiche E-Mails mit Videos und Fotos von den Ereignissen rund um den Polizeieinsatz zukommen lassen haben. Aufgrund der Menge an erhaltenen Nachrichten war es uns leider nicht möglich jede E-Mail persönlich zu beantworten. Wir bitten an dieser Stelle um Verständnis. Wir hoffen, dass die erhaltenen Materialien zur Aufklärung des Sachverhaltes beitragen können, um die Verantwortlichen dieses Einsatzes zur Rechenschaft ziehen zu können.
Pressemitteilung: Polizeieinsatz in der Nordkurve beim Champions- League Qualifikationsspiel Schalke 04 gegen PAOK Saloniki am 21.08.2013

Bereits heute Nacht haben wir auf unserer Internetseite kurz Stellung zu den Vorfällen beim Champions League-Qualifikationsspiel Schalke 04 gegen PAOK Saloniki genommen.
(www.ultras-ge.de )
Nach der von heute Morgen veröffentlichten Pressemitteilung der Polizei möchten wir noch einmal näher auf die Geschehnisse eingehen.
Wie bekannt sein dürfte, besteht seit Jahren eine Freundschaft zwischen Ultras Gelsenkirchen und Komiti Skopje. Seit Beginn des Spiels hing vor unserem Block eine Fahne unserer Freunde aus Skopje, genauer gesagt von der Untergruppe Komiti Düsseldorf.
In der Halbzeitpause sind Vertreter von Schalke 04 an uns herangetreten, dass sich die Gäste aus Saloniki von der Fahne provoziert fühlen und die Polizei uns die Wahl überlassen würde, ob die Fahne freiwillig abgehängt wird oder dies durch die Polizei geschieht. Die Polizei schildert auch in ihrer Pressemitteilung, dass es seitens der Gäste die Drohung gab, dass Spielfeld oder die Nordkurve gestürmt werden würde, insofern die Fahne weiterhin vor unserem Block hänge. Außerdem wäre eine deeskalierende Kommunikation mit den Gästen nicht mehr möglich gewesen.
Die Polizei schreibt in ihrer Meldung weiter, dass die Sicherheit von Leib und Leben zahlreicher Zuschauer in Gefahr gewesen wäre, wenn die Fahne weiterhin an ihrem Platz
gehangen hätte.
Sowohl im Stadion als auch nach dem Spiel konnten wir auch keine erhöhte Aggression der griechischen Gäste aufgrund dieser Fahne feststellen. Die Polizei hat sich hier einzig und allein auf die Einschätzung der anwesenden griechischen Beamten verlassen, die sich selber provoziert gefühlt und damit die Lage sicherlich nicht objektiv eingeschätzt haben. Es stellt sich auch die Frage, wieso es nach dem Spiel nicht die bei Champions League Spielen übliche
Blocksperre für die Gästefans gab, wenn so ein Aggressionspotential in der Luft lag.
Daher ist es für uns unbegreiflich, warum dann die Polizei in einem Großaufgebot aggressiv über vier Zugänge in die Nordkurve stürmt und dort zahlreiche Unbeteiligte verletzt und in Gefahr bringt. Sie hat hier eine Massenpanik in Kauf genommen, anstatt den Gästebereich zu sichern, so dass ein Sturm der Nordkurve oder des Spielfeldes nicht möglich ist. Stattdessen wird die Nordkurve der Schalker Fans gestürmt, in der es seit Jahren keine größeren Ausschreitungen mehr gab, als die laut eigenen Aussagen aggressiven Gästefans in Schach zu halten. Dieses wäre sicherlich auch die einsatztechnisch leichtere Variante gewesen.
Beim Einmarsch der Polizei waren vielleicht noch 15 Minuten zu spielen. 75 Minuten waren ohne größere Zwischenfälle gespielt. Als Folge sind laut Angabe des DRK etwa 80 verletzte Personen, wobei eine weibliche Person die Nacht aufgrund des massiven Pfefferspray-Einsatzes auf der Intensivstation verbringen musste. Ein weiteres Bild im Internet zeigt auch, wie die Polizei bereits beim Einmarsch in den Block von oben dort stehende Schalke-Fans rabiat bei Seite stößt, ohne dass diese mit dem Vorfall irgendetwas zu tun haben oder überhaupt auf einen Polizeieinsatz vorbereitet waren.
Für diverse Einsatzkräfte der Polizei schien der Einsatz auch eine willkommene Einladung zu sein. Das äußerst aggressive Auftreten und diverse körperliche Attacken einzelner Polizisten lassen keinen anderen Eindruck zu.
In dem auf unserer Seite verlinkten Video ist ferner zu sehen, wie selbst den Rettungskräften der Zugang zu Verletzten erschwert wird und die Rettungskräfte selber Opfer von
Pfefferspray-Attacken der Polizei werden und den Einsatz abbrechen müssen, um sich selbst zu versorgen.
Festhalten müssen wir zudem noch, dass die Fahne nicht bewusst aus Provokation gegenüber den Gästen aus Griechenland präsentiert wurde, sondern in der Vergangenheit schon
mehrfach bei Heim- und Auswärtsspielen im Bereich unserer Gruppe zu finden war, wenn Gäste aus Skopje anwesend waren. Dies im Übrigen nicht nur bei internationalen Spielen,
sondern unter anderem auch bei Spielen in der Bundesliga. Darüber hinaus hat Schalke, aufgrund der bekannten Verbindungen, auch im Mai ein Testspiel in Skopje gegen Vardar
Skopje absolviert. Aus diesem Grund stand es für uns zu keinem Zeitpunkt zur Diskussion, unseren Freunden mitzuteilen, dass ihre Fahne jetzt nicht mehr im Stadion hängen darf. Ganz davon ab, dass die Fahne in Deutschland weder verfassungsfeindlich noch verboten ist.
Die Einschätzung der Polizei hinsichtlich einer möglichen Volksverhetzung scheint damit völlig haltlos. Auch die mazedonische Botschafterin Kornelija Utevska-Gligorovska äußerte sich gegenüber der FAZ irritiert über die Einschätzung der Polizei Gelsenkirchen (Quelle: http://www.faz.net/aktuell/sport/fussball/champions-league-mazedonien-irritiert-ueberschalker-polizeieinsatz-12542128.html).
Dass die Polizei in ihrer Mitteilung von einem absolut verhältnismäßigen Einsatz spricht, ist für uns nach den Ereignissen völlig unbegreiflich. Neben mehreren unbeteiligten Verletzten wurden vielen Schalkern der Spaß und die Freude an dem Spiel genommen, weil sich die Polizei der Drohung der Gästefans wegen einer legalen Fahne gebeugt hat.
Wenn die Polizei davon spricht bereits mehrere Tatverdächtige identifiziert zu haben, hoffen wir, dass sie diese auch bei den von ihr eingesetzten Polizeikräften finden wird. Bild- und Videomaterial von polizeilichen Verfehlungen dürften ausreichend vorhanden sein.
Man kann vielleicht auch zu der Erkenntnis kommen, dass der Einsatz der Polizei gar nicht so unrecht war. Anfang August hat der DFB, auf Druck von Polizei und Politik, 32
Stadionverbote gegen Schalke-Fans aufgrund der Ereignisse am Flughafen Dortmund am 06.03.2013 erteilt. Durch den intensiven Einsatz der Verantwortlichen von Schalke 04 konnte erwirkt werden, dass die Stadionverbote für Heimspiele keine Gültigkeit besitzen. Dies wird der Polizei Gelsenkirchen sicherlich nicht gefallen haben und man hat den Nachweis erbringen müssen, dass diese 32 Personen eine Gefahr für die Sicherheit im Stadion darstellen.
Wir werden den Einsatz auf jeden Fall nicht einfach so hinnehmen und hoffen auch, dass der Verein und alle weiteren beteiligten Institutionen den Einsatz hinterfragen und aufklären.
Ultras Gelsenkirchen, 22.08.2013
Polizeieinsatz in der Nordkurve

Wie die meisten Schalker im Stadion gestern mitbekommen haben dürften, ist es während des CL-Quali-Spiels zu einem massiven Polizeieinsatz in der Nordkurve gekommen. Hierbei wurde seitens der Beamten mit überzogener Gewalt und ohne Rücksicht auf Verluste agiert. So wurde wahllos mit Pfefferspray gesprüht und willkürlich mit Schlagstöcken in die Menge geschlagen. Zum Teil haben selbst der Ordnungsdienst und die Sanitäter, die den Verletzen helfen wollten, Pfefferspray abbekommen. Zudem mussten mehrere Fans ins Krankenhaus gebracht werden.
Der Grund für diesen unbeschreiblichen Einsatz war die Zaunfahne unserer Freunde aus Skopje, die vor unserem Block hing. Diese stellte wohl aus Sicht der Polizei eine Provokation gegenüber dem Gegner aus Saloniki, aufgrund des angespannten Verhältnisses zwischen Griechenland und Mazedonien, dar. Wir wollen an dieser Stelle betonen, dass diese Fahne schon seit Jahren öfters in unserer Arena hing, unter anderem auch letztes Jahr beim Spiel gegen unseren Gegner Olympiakos Piräus, welcher bekanntlich auch aus Griechenland kommt. Auch ist es uns nicht bekannt, dass es in Deutschland verboten ist eine mazedonische Fahne aufzuhängen. Sehr merkwürdig ist es zudem auch, dass die Polizei erst 15 Minuten vor Abpfiff den Polizeieinsatz durchführte.
Unser FC Schalke hat erst in diesem Jahr noch ein Freundschaftsspiel gegen den FK Vardar Skopje absolviert, wodurch sich die Freundschaft auf eine noch breitere Ebene gefestigt hat. Für uns ist es selbstverständlich, dass Fans von befreundeten Vereinen in unserem Stadion ihre Fahnen aufhängen dürfen.
Wir bitten jeden, der heute Abend Foto- und Videoaufnahmen von dem Angriff der Polizei gemacht hat, diese uns zukommen zu lassen. Schickt sie bitte an [email protected]!
Wenn der Situation etwas Positives abzugewinnen ist, dann ist es der Zusammenhalt der Schalker an diesem Abend. Wir möchten uns bei allen bedanken, die den zahlreichen Verletzen geholfen, Wasser besorgt, den Einsatz per Video festgehalten oder sich einfach mit uns solidarisiert haben!
Weiterführende Informationen: http://de.wikipedia.org/wiki/Stern_von_Vergina
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